Reaktionen auf CIA-Bericht:UN und Menschenrechtler fordern strafrechtliche Konsequenzen

  • Nach der Veröffentlichung des Berichts über die Foltermethoden des US-Geheimdienstes CIA drängen Vereinte Nationen und Menschenrechtsgruppen auf juristische Konsequenzen gegen "die Übeltäter".
  • Allerdings sind Anklagen eher unwahrscheinlich.
  • Frühere CIA-Agenten werfen dem Senat vor, die Fakten in seinem Bericht zu verdrehen.
  • Die frühere US-Regierung soll von Anfang an, regelmäßig und genau über das Vorgehen unterrichtet worden sein.

UN und Menschenrechtler fordern strafrechtliche Konsequenzen

Als Reaktion auf den Bericht über die Foltermethoden des US-Geheimdienstes CIA haben die Vereinten Nationen und Menschenrechtsgruppen strafrechtliche Konsequenzen verlangt. Die Verantwortlichen für die "kriminelle Verschwörung" müssten zur Rechenschaft gezogen werden, sagte der UN-Sonderberichterstatter für Terrorismusbekämpfung und Menschenrechte, Ben Emmerson. Der Bericht bestätige die Vermutungen der internationalen Gemeinschaft, dass in der Regierung des früheren US-Präsidenten George W. Bush auf hoher Ebene "systematische Verbrechen und grobe Verletzungen der internationalen Menschenrechtsgesetze" begangen worden seien.

Menschenrechtler drängen auf Sonderermittler

Die US-Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) nannte den Bericht "schockierend" und forderte von US-Präsident Barack Obama die Einsetzung eines Sonderermittlers. "Wenn es ausreichende Beweise für kriminelles Verhalten gibt, sollten die Übeltäter bestraft werden", sagte ACLU-Chef Anthony Romero. Es sei "unmöglich", den Bericht zu lesen, ohne sich über die "schrecklichen Verbrechen" unter der Bush-Regierung zu empören.

Auch Amnesty International forderte eine Strafverfolgung. Die CIA habe mit der Verschleppung und der brutalen Befragung von Terrorverdächtigen nach den Anschlägen vom 11. September 2001 "vom ersten Tag an" illegal gehandelt, sagte der US-Chef der Menschenrechtsorganisation, Steven Hawkins. Human Rights Watch warnte, dass sich Geschichte ohne eine juristische Aufarbeitung wiederholen könnte: "Wenn dieser wichtige Prozess des Aussprechens der Wahrheit nicht zu einer Strafverfolgung der verantwortlichen Offiziellen führt, wird Folter für künftige Präsidenten eine Politikoption bleiben."

Anklagen eher unwahrscheinlich

Anklagen in den USA sind allerdings unwahrscheinlich. Das Justizministerium in Washington hatte nach Obamas Amtsantritt Anfang 2009 bereits die Foltervorwürfe gegen die CIA und Mitglieder der Bush-Regierung untersucht, ohne dass jemand vor Gericht gestellt wurde. Aus dem Ministerium hieß es, die Ermittler hätten bei der Lektüre des Senatsberichts "keine neuen Informationen" gefunden.

Frühere CIA-Agenten rechtfertigen sich

Ehemalige Agenten der CIA und deren Unterstützer übten hingegen scharfe Kritik an dem Senatsbericht. Der Report enthalte "Fehler" bei Fakten, eine missverständliche Interpretation der Arbeit der CIA und widerspreche "der Realität", erklärte eine Gruppe früherer Agenten auf der Internetseite CIASavedLives.com (die CIA hat Leben gerettet). Die Seite ging als Reaktion auf den Senatsbericht online. Mit dem CIA-Programm hätten nicht nur ranghohe Anführer des Terrornetzwerks al-Qaida gefangen genommen werden können, hieß es auf der Internetseite. Es habe auch dabei geholfen, Terrorchef "Osama bin Laden zu finden".

Dem Senatsbericht zufolge soll der damalige US-Präsident George W. Bush allerdings erst im April 2006 von den Verhörmethoden erfahren haben. Der Präsident habe sich damals unwohl gefühlt, als er das Bild eines "an die Decke geketteten Gefangenen in Windeln" zu sehen bekommen habe.

Die CIA-Vertreter hinter der Website betonten dagegen, dass das Weiße Haus von Beginn an eingebunden gewesen sei. So erklärte der frühere CIA-Chef George Tenet auf der Website, dass der Präsident das Programm geleitet habe. Auch die Führung im Kongress sei "regelmäßig und genau" über das Vorgehen unterrichtet worden.

Republikaner werfen Senat "einseitige Sichtweise" vor

Die Republikaner kritisierten den Bericht als einen "politischen" Angriff auf die CIA und sprachen von einer "einseitigen" Sichtweise. Diese habe zu "falschen Analysen, ernsthaften Ungenauigkeiten und falschen Darstellungen der Fakten" geführt, hieß es in einer Erklärung des obersten Republikaners im Senat, Mitch McConnell, und des Senators Saxby Chambliss. Lediglich der republikanische Senator John McCain, selbst ein früherer Kriegsgefangener, lobte die Veröffentlichung des Berichts. Er wisse aus eigener Erfahrung, dass der "Missbrauch von Häftlingen" bei der Geheimdienstarbeit nicht zum Erfolg, sondern eher zum Gegenteil führe, erklärte er.

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