Reaktion: Skandale bei Bahn, Telekom und Lidl:Schutz vor Bespitzelung am Arbeitsplatz

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Bundesinnenminister de Maizière will Bluttests, Kameraüberwachung und das Abgleichen von Konten erschweren.

Daniela Kuhr

Als Reaktion auf die Skandale bei Bahn, Telekom, Lidl und anderen Firmen will Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) die Rechte von Arbeitnehmern stärken. Bluttests, Überwachungen durch Kameras und heimliche Kontenabgleiche sollen demnach nur in absoluten Ausnahmefällen erlaubt sein.

Eine "wilde Überwachung" solle nicht mehr möglich sein, sagte de Maizière am Mittwoch anlässlich der Vorstellung eines Gesetzentwurfs aus seinem Ministerium.

Der Innenminister greift damit eine Forderung auf, die Gewerkschafter und Datenschützer schon seit vielen Jahren erheben. Gehör fanden sie damit allerdings erst nach den jüngsten Datenschutz-Skandalen bei großen Konzernen, zuletzt bei Daimler. Solchen Vorfällen will de Maizière künftig mit 14 Paragraphen vorbeugen, die in das Bundesdatenschutzgesetz eingefügt werden sollen.

Die neuen Vorschriften regeln sämtliche Phasen eines Beschäftigungsverhältnisses. So wird beispielsweise ausdrücklich klargestellt, dass der Arbeitgeber im Einstellungsgespräch nur die Daten abfragen darf, die er benötigt, um die Eignung des Bewerbers für die betreffende Tätigkeit festzustellen. So dürfe ein Arbeitgeber einen Möbelpacker nach einem Rückenleiden fragen, aber nicht, ob er schon einmal in psychologischer Behandlung gewesen sei, sagte de Maizière.

Auch gesundheitliche Untersuchungen sind nur zulässig, so weit sie erforderlich sind, um festzustellen, ob jemand für eine konkrete Tätigkeit geeignet ist. Eine Untersuchung des Bluts ist beispielsweise bei einem Chirurgen erlaubt, der Patienten nicht mit HIV infizieren darf, oder bei einem Piloten, von dessen Gesundheit die Sicherheit der Passagiere abhängt. "Eine Sekretärin dagegen müsste sich so einer Untersuchung nicht unterziehen", sagte der Innenminister.

Darüberhinaus stellt der Gesetzentwurf klar: Eine heimliche Überwachung von Mitarbeitern durch Videokameras ist nur in extremen Ausnahmefällen erlaubt, etwa wenn ein konkret belegter Verdacht besteht, dass ein Angestellter im Betrieb Geld gestohlen hat. Erstmals wird auch der Umgang mit sogenannten Ortungssystemen geregelt.

So darf der Arbeitgeber den Aufenthaltsort von Außendienstmitarbeitern nur dann über GPS ausfindig machen, wenn es um deren Sicherheit geht oder darum, einen Einsatz zu koordinieren. "Er darf also prüfen, welcher Arzt dem Zielort am nächsten ist, er darf aber nicht etwa überprüfen, wo ein Mitarbeiter seine Mittagspause verbringt", sagte de Maizière.

Der Innenminister betonte, dass der Kampf gegen Korruption weiterhin möglich sein müsse. Unternehmen dürfen deshalb die Daten von Mitarbeitern mit denen von Lieferanten abgleichen, aber nicht flächendeckend. Insgesamt orientiert sich der Entwurf stark an der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte. Ziel sei, die Rechtslage für Arbeitgeber und Beschäftigte gleichermaßen deutlich zu machen. Er soll bis zur Sommerpause vom Kabinett verabschiedet werden.

Derweil reichten am Mittwoch Daten- und Bürgerrechtler eine von mehr als 22000 Menschen unterstützte Verfassungsbeschwerde gegen die staatliche Zentral-Datenbank zur Erfassung von Einkommensdaten (Elena) ein. De Maizière sieht die Erfolgschancen der Beschwerden skeptisch. Das zentrale Speichern von Beschäftigtendaten sei möglich, betonte er. Die umfangreichsten Daten gebe es in der Finanzverwaltung und bei der Rentenversicherung. "Das ist bisher nicht beanstandet worden. Wenn Elena verfassungswidrig wäre, dann wäre noch relativ viel mehr verfassungswidrig."

© SZ vom 01.04.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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