Reaktion auf AfD-Gründung:Merkel und Seehofer rüffeln Fraktionschefs

Alternative für Deutschland

Die jüngst gegründete Alternative für Deutschland könnte der schwarz-gelben Koalition bei der Bundestagswahl wichtige Stimmen wegnehmen.

(Foto: REUTERS)

Ist die Anti-Euro-Partei AfD eine "Herausforderung" oder vollkommen überbewertet? Die Union diskutiert über den richtigen Umgang mit der neugegründeten Alternative für Deutschland. Mehrere Fraktionschefs forderten einen härteren Kurs gegen die potenzielle Konkurrenz - und ernten Kritik von der Unionsführung.

Von Robert Roßmann, Berlin

Die Union will ihren moderaten Kurs gegenüber der Alternative für Deutschland (AfD) trotz des Appells einiger Fraktionschefs beibehalten. Mehrere CDU-Präsidiumsmitglieder sagten am Montag, man werde die Euro-Gegner auch weiterhin nicht durch Angriffe aufwerten. In der Bundesvorstandssitzung hatte es zuvor deutliche Kritik am Vorgehen der Fraktionsvorsitzenden gegeben - unter anderen von Parteichefin Angela Merkel, ihrem Vize Armin Laschet und dem Europa-Politiker Elmar Brok.

Die CDU-Fraktionsvorsitzenden aus Thüringen, Hessen und Sachsen - Mike Mohring, Christean Wagner und Steffen Flath - hatten in einem gemeinsamen Papier die Bundes-CDU aufgefordert, die AfD endlich offensiver zu bekämpfen. Schließlich könnten die Euro-Gegner selbst mit einem Ergebnis von lediglich zwei oder drei Prozent dazu beitragen, dass Schwarz-Gelb bei der Bundestagswahl die Mehrheit verliert. Mohring ist Vorsitzender der Konferenz aller Unionsfraktionschefs, Wagner Gründer des konservativen Berliner Kreises. Flath führt die Fraktion im größten ostdeutschen Bundesland. Ihre drei Bundesländer sind neben Sachsen-Anhalt und dem Saarland die letzten, in denen die CDU noch den Ministerpräsidenten stellt. Mohring, Wagner und Flath hatten ihren Appell nicht in Parteigremien vorgetragen, sondern den Weg über Medien gesucht.

CSU-Chef Horst Seehofer sagte der Süddeutschen Zeitung, das Vorgehen der Fraktionschefs sei "nicht in Ordnung". Schließlich seien diese noch wenige Tage, bevor sie ihr Papier verbreitet hätten, bei einer Fraktionsvorsitzenden-Konferenz mit Merkel zusammengesessen, ohne dort etwas zu sagen. Der CSU-Chef kritisierte aber nicht nur den Stil, sondern auch den Inhalt des Vorstoßes. Er sagte, man solle "nicht die AfD, sondern die Ursachen" für deren Entstehen bekämpfen. Die Position seiner Partei sei dabei klar: Die CSU sei "nicht für mehr Europa, sondern für ein besseres Europa". Sie sei "gegen eine Schulden- und für eine Stabilitätsunion". Und sie plädiere für eine stärkere Volksbeteiligung. Diese müsse es bei "jeder Erweiterung der EU und bei Kompetenz-Übertragungen an die EU" geben. Das Papier der Fraktionschefs nütze dagegen "im Hinblick auf die Sache nicht". Wenn man im September die Wahl gewinnen wolle, sei es "nicht hilfreich".

Fraktionschefs sehen AfD-Gründung als "Herausforderung" für die Union

Auch CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe rechtfertigte den bisherigen Kurs der Union. Er kritisierte die AfD deshalb selbst auf Nachfrage nicht direkt. Gröhe sagte lediglich: "Wer jetzt der Rückkehr zur D-Mark das Wort redet, setzt Hunderttausende Arbeitsplätze aufs Spiel und nimmt eine Spaltung Europas in Kauf." Deshalb solle im Wahlprogramm der Union "der klare Weg pro Europa und pro Euro" verankert werden.

In ihrem dreiseitigen Papier fordern die Fraktionschefs die CDU auf, sich härter mit der AfD auseinanderzusetzen. Deren Gründung sei "eine Herausforderung für die Union". Da auf dem linken Flügel gleich drei Parteien um die Gunst der Wähler buhlten, könne die Union nur dann "dauerhaft über 40 Prozent erzielen, wenn sie ihre in das Lager der Nichtwähler abgewanderten Anhänger zurückgewinnt und diese nicht einer neuen Partei überlässt". Die AfD müsse deshalb "ernst genommen werden".

Die Forderungen der Euro-Gegner mögen zwar "überzogen, kritikwürdig und oft Schlagworte ohne Substanz sein", schreiben die Fraktionschefs. Trotzdem sei "eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Programmatik der AfD und den hieraus folgenden Konsequenzen" notwendig. Diese Auseinandersetzung müssten CDU und CSU auch nicht scheuen. Schließlich besäßen sie hier "die politische Kompetenz". Diese Kompetenz müsse die Union künftig "allerdings selbstbewusster herausstellen".

Außerdem sollte die CDU "eine klare Antwort auf die nie wirklich zu Ende diskutierte Frage nach der Finalität des Europäischen Integrationsprozesses geben: Wollen wir die Vereinigten Staaten von Europa oder das als Staatenverbund verfasste Europa mit den europäischen Nationen als entscheidender Größe?" Die drei Fraktionschefs plädieren für den zweiten Weg. Sie fordern die Bundespartei außerdem auf, "den Mut zu haben, die Brückenfunktion des Berliner Kreises in der Union zu nutzen, um verunsicherte Stammwähler anzusprechen und wieder dauerhaft an sich zu binden".

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