RAF:Die drei Generationen der Roten Armee Fraktion

60 Jahre Bundesrepublik - RAF-Terror

Wrack der Herrhausen-Limousine in Bad Homburg Ende November 1989.

(Foto: dpa)

Mehr als zwei Jahrzehnte lang war die Terrororganisation aktiv: die drei Phasen der RAF und die Schicksale ihrer Mitglieder im Überblick.

Von Oliver Das Gupta

Die "erste Generation"

Vorläufer der RAF war die nach dem Kaufhaus-Brandstifter Andreas Baader und der Journalistin Ulrike Meinhof benannte Baader-Meinhof-Gruppe. Weitere Mitglieder: Gudrun Ensslin sowie der Rechtsanwalt Horst Mahler, der sich inzwischen zum Rechtsextremismus wandelte.

Nach der Studentenrevolte der 60er Jahre konzentrierte diese "erste Generation" der RAF ihre Gewalttaten bis 1972 vor allem auf US-amerikanische Einrichtungen. Ihr Hauptmotiv war der Vietnamkrieg. Als die westdeutschen Behörden den "harten Kern" der Gruppe nach massivem Ausbau des Fahndungsapparats gefasst hatte, war diese Phase zu Ende.

Die "zweite Generation"

Ohne erkennbare politische Motivation setzte die "zweite Generation" die Terrorserie fort. Als Anführer gelten Christian Klar und Brigitte Mohnhaupt. Ihr Hauptanliegen wurde die Befreiung ("Big Raushole") der "ersten Generation" aus der angeblichen Isolationshaft.

Die erste spektakuläre Aktion war der Überfall auf die deutsche Botschaft in Stockholm 1975. Sie ermordeten unter anderem auch Generalbundesanwalt Siegfried Buback. Als sich der Staat 1977 auch nicht mit der Entführung von Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer und einer Lufthansa-Maschine erpressen ließ, begingen die Terroristen Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe im Gefängnis Stuttgart-Stammheim Selbstmord. Schleyer wurde daraufhin von seinen Entführern ermordet.

Die "dritte Generation"

Danach formierte sich eine "dritte Generation" der RAF mit einer gut abgeschotteten und namentlich kaum bekannten "Kommandoebene".

Auf ihr Konto sollen mehrere professionell geplante Morde gehen - etwa an dem MTU-Vorstandschef Ernst Zimmermann (1985), dem Siemens-Manager Karl Heinz Beckurts, dem Bonner Spitzendiplomaten Gerold von Braunmühl (beide 1986), Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen (1989) und Treuhand-Chef Detlev Karsten Rohwedder (1991).

Bis heute wissen die Ermittler über die "dritte Generation", deren Mitglieder und Taten wenig. Es soll etwa 20 Aktive und bis zu 25 Unterstützer gegeben haben.

Was aus den RAF-Mitgliedern wurde (Auswahl)

Die "erste Generation":

  • Ulrike Meinhof: Meinhof wurde im Juni 1972 festgenommen und beging im Mai 1976 Selbstmord.
  • Andreas Baader: Ebenfalls im Juni 1972 wurde Kaufhaus-Brandstifter Baader festgenommen. Auch er beging - knapp ein Jahr später als Meinhoff - Selbstmord im Stuttgart-Stammheim.
  • Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe: Sie brachten sich wie Baader 1977 in Haft selbst um.
  • Irmgard Möller: 1979 zu lebenslanger Haft verurteilt, verließ Möller das Gefängnis nach knapp 23 Jahren - auf Bewährung.
  • Klaus Jünschke: 1988 nach elfjähriger Haft entlassen.

"Die zweite Generation"

  • Elisabeth von Dyck wurde im Mai 1979 erschossen.
  • Willy Peter Stoll wurde im September 1978 bei einer Polizeiaktion erschossen.
  • Peter Jürgen Boock wurde im Jahr 1991 nach 17 Jahren Haft entlassen.
  • Sieglinde Hofmann wurde 1980 zu 15 Jahren Gefängnis und 1995 noch einmal zu lebenslanger Haft verurteilt, ehe sie 1999 doch noch auf Bewährung entlassen wurde.
  • Susanne Albrecht kam 1990 in der DDR ins Gefängnis und wurde 1996 auf Bewährung entlassen.
  • Adelheid Schulz wurde 1982 verhaftet, im Oktober 1998 vorläufig aus dem Gefängnis entlassen und im Februar 2002 von Bundespräsident Johannes Rau begnadigt.
  • Rolf Clemens Wagner wurde erst nach 24 Jahren Haft von Rau begnadigt.
  • Rolf Heißler wurde bei seiner Verhaftung 1979 schwer verletzt und 1982 zu lebenslänglich verurteilt. Er kam im Oktober 2001 wieder frei.
  • Karl-Heinz Dellwo: 1977 wurde Dellow zu zwei Mal lebenslänglich verurteilt - und im Mai 1995 nach 20 Jahren Gefängnis auf Bewährung entlassen.
  • Stefan Wisniewski: 1981 zu lebenslänglich verurteilt, war Wisniewski bereits 1999 wieder ein freier Mann.
  • Helmut Pohl: 1986 zu lebenslänglich verurteilt, jedoch im Mai 1998 von Bundespräsident Roman Herzog begnadigt.
  • Bernd Rössner wurde 1994 nach 19 Jahren in Haft von Bundespräsident Richard von Weizsäcker begnadigt.
  • Brigitte Mohnhaupt: Mohnhaupt wurde 1985 zu lebenslanger Haft verurteilt und wird am 27. März 2007 auf Bewährung entlassen.
  • Christian Klar: Klar sitzt seit 1982 in Haft und hat ebenso wie Mohnhaupt seine Begnadigung beantragt.

"Die dritte Generation"

  • Wolfgang Grams tauchte 1984 unter, gehörte mit Birgit Hogefeld der Kommandoebene an. Beim Versuch seiner Festnahme in Bad Kleinen beging er 1993 Suizid.
  • Eva Haule: Haule wurde 1988 und 1994 jeweils zu lebenslanger Haft verurteilt. 2007 kam sie auf Bewährung frei.
  • Birgit Hogefeld: Hogefelds Verurteilung zu lebenslanger Haft war 1996. Im Juni 2011 wird sie als letztes inhaftiertes RAF-Mitglied aus dem Gefängnis erlassen, der Rest der Strafe ist zur Bewährung ausgesetzt.

Noch auf der Flucht

Ernst-Volker Staub, Daniela Klette und Burkhard Garweg sind noch nicht gefasst. Jedoch sollen sie im Jahr 1999 in Duisburg einen Geldtransporter überfallen haben. Sie erbeuteten etwa eine Million D-Mark. 2015 soll das Trio bei Bremen und in Wolfsburg abermals versucht haben, Geldtransporter attackiert worden - allerdings erfolglos.

Mit Material von dpa, AFP, Reuters und AP

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