Rätsel der Woche:Was ist an einem Handelsbilanzdefizit schlimm?

Tricksen die Deutschen, wie Trump behauptet? Oder kaufen die Amerikaner einfach lieber Waschmaschinen von Miele als die Deutschen Waschmaschinen von Whirlpool?

Von Detlef Esslinger

Per se ist ein solches Defizit überhaupt nicht schlimm. Im Fall USA/Deutschland wird es zum Problem, weil Trump sagt, es sei unfair, dass in Amerika mehr BMWs unterwegs sind als Chevrolets in Deutschland. Er meint, diese "Unfairness" könne er quasi wegregieren, zum Beispiel durch Strafzölle. In Wahrheit kommt der deutsche Exportüberschuss aber nicht durch deutsche Tricks zustande, sondern durch viele Millionen Menschen und all ihre Einzelentscheidungen. Amerikaner geben traditionell viel mehr für Konsum aus als Deutsche - und in der Summe geben sie mehr für Autos von BMW oder Waschmaschinen von Miele aus, als umgekehrt Deutsche für Autos von General Motors oder Waschmaschinen von Whirlpool übrig haben.

Erleichtert werden die deutschen Exporte allerdings durch die Geldpolitik. Der Euro ist viel schwächer, als es die Mark wäre, wenn es sie noch gäbe. Geldpolitik wird jedoch nicht von der Bundesregierung, sondern von der Europäischen Zentralbank gemacht. Sie hält den Euro bewusst billig - damit Länder wie Spanien, Italien oder Griechenland zumindest leidliche Chancen haben, ihre weniger gefragten Waren in der Welt loszuwerden: Amerikaner zum Beispiel müssen weniger Dollar aufwenden, um einen in Euro rechnenden griechischen Händler zu bezahlen. Von diesem Wechselkurs profitieren dann auch deutsche Händler.

Ökonomisch können Defizit und Überschuss zum Problem werden, wenn sie nicht nur anhalten, sondern steigen und steigen. Die Amerikaner geben mehr Geld im Ausland aus, als sie selber dort erlösen. Ihre deutschen Handelspartner geben ihnen also Kredit; bis zum Beispiel ein BMW bezahlt ist. Droht einem Käufer die Überschuldung, bleibt sein Verkäufer womöglich auf seiner Forderung sitzen, erst recht bei Käufern aus dem Ausland. Mit der Höhe von Defizit und Überschuss wächst das Risiko.

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