Rätsel der Woche:Kann man Betteln wirklich verbieten?

Betteln in Berlin

Eine Frau bettelt im Berliner Stadtteil in Neukölln: Kann man das verbieten?

(Foto: dpa)

Die Stadt Berlin will das Betteln von Kindern verbieten. Geht das überhaupt? Fakt ist: Betteln ist nicht gleich Betteln.

Von Ulrike Nimz

Man hat es zumindest oft versucht. Jüngst in Berlin - dort soll das Betteln von Kindern verboten werden. Als in verschiedenen Regionen Österreichs sogar das Betteln generell untersagt werden sollte, stellte der Verfassungsgerichtshof dort 2012 jedoch klar: Ein undifferenziertes Verbot des Bettelns verstößt gegen die Kommunikationsfreiheit nach Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Menschen müssen das Recht haben, öffentlich an die Hilfsbereitschaft anderer zu appellieren. Es kommt nur darauf an, wie sie das tun.

Für gewöhnlich wird zwischen stillem und aggressivem Betteln unterschieden. Geht der Bettler offensiv vor, hält Passanten am Arm, kann das auch in Deutschland als Nötigung eingestuft und geahndet werden. Täuscht jemand falsche Lebensumstände, Blindheit oder eine verlorene Geldbörse vor, gilt das als Betrug. Auch bandenmäßiges oder organisiertes Betteln ist in den meisten Städten untersagt.

Das Bettelverbot in Berlin mag also umstritten sein, ist aber rechtens. Theoretisch können Kommunen es unterbinden, wenn Bettler auf der Straße für Hintermänner oder arbeitsteilig tätig sind, beweisen lässt sich das selten. Deswegen behelfen sich viele Städte mit einem juristischen Kniff und erklären das Betteln zur "Sondernutzung" öffentlicher Flächen. Dafür eine Genehmigung zu bekommen, ist naturgemäß schwierig.

Nach historischen Maßstäben sind das kulante Maßnahmen. Während im Mittelalter die kirchliche Almosenlehre den Alltag prägte, das Almosengeben eine willkommene Möglichkeit der Buße war, lag nach dem Dreißigjährigen Krieg die Landschaft in Schutt und Asche. Bettlerbanden bekamen Zulauf - und drakonische Strafen: Im mindesten Fall drohten Prügel, im Wiederholungsfall Abschneiden der Ohren oder gar die Hinrichtung. In Deutschland ist stilles Betteln seit 1974 nicht mehr strafbar.

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