Rätsel der Woche:Die leeren Hallen

An der Grenze zwischen Österreich und Bayern müssen Flüchtlinge in der Kälte übernachten. Dabei wäre in München genug Platz vorbereitet. Warum?

Von Bernd Kastner

In der ostbayerischen Grenzregion bei Passau warten Flüchtlinge zu Hunderten in der Kälte, während in München Notunterkünfte leer stehen. Nicht nur der Passauer Oberbürgermeister Jürgen Dupper (SPD) fordert, das Drehkreuz München wieder in Betrieb zu nehmen, um auch von dort aus, wie bereits Anfang September, Flüchtlinge bundesweit zu verteilen. Manche ehrenamtlichen Helfer mutmaßen gar, dass die CSU-geführte bayerischen Staatsregierung das Chaos in Niederbayern bewusst kalkuliere, um Bilder der Überforderung zu provozieren.

Im Koordinierungsstab Asyl, der im bayerischen Innenministerium angesiedelt ist und die bundesweite Verteilung der Flüchtlinge steuert, betont man, dass hinter der Verteil-Logistik ein abgestuftes Vorgehen jenseits aller politischen Spielchen stehe. Ziel sei, die Asylsuchenden möglichst schnell ins Warme und in das für sie zuständige Erstaufnahmelager zu bringen. Nach dem Grenzübertritt versuche man, sie sofort via Bus oder Zug in andere Bundesländer zu fahren. Die Quoten dieses "Deutschlandausgleichs" orientieren sich am Königsteiner Schlüssel. Die Wartezeit bis zur Abfahrt verbringen die Asylsuchenden in Notunterkünften in der Grenzregion. Nur wenn diese voll belegt sind, werden Flüchtlinge für meist eine Nacht in einen der beiden "Warteräume" gebracht. In Feldkirchen bei Straubing und Erding stellt der Bund derzeit je 1500 winterfeste Plätze bereit.

Das Nadelöhr seien laut einem Sprecher des Koordinierungsstabs vor allem die Transportkapazitäten. Eine Zwischenstation München würde die Logistik nur verkomplizieren. Dann müsste man weitere Zug- und Buslinien bedienen, und allein die Fahrt ins Zentrum Münchens würde wegen des dichten Verkehrs unnötig viel Zeit kosten. Auch aus humanitären Gründen wolle man eine solche weitere Zwischenstation den Flüchtlingen nicht zumuten.

© SZ vom 31.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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