Querelen in der FDP:Eine Ministerin begehrt auf

Nach den schlechten Umfragewerten bahnt sich in der FDP ein Richtungsstreit an: Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger drängt auf einen Kurswechsel - und kritisiert indirekt Guido Westerwelle.

Das Umfragetief der FDP führt offenbar zu einem Richtungsstreit in der Partei: In einem Interview fordert Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger nun erstmals eine programmatische Erneuerung der Liberalen.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

Sorgt mit ihren Vorschlägen für eine Reform der Sicherungsverwahrung für Unmut in der Union: Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP).

(Foto: Getty Images)

"Wir brauchen eine neue liberale Agenda. Wir müssen die richtigen Prioritäten setzen und uns auch zu Dingen bekennen, die wir vor kurzem noch nicht auf dem Zettel hatten", sagte die Ministerin in einem Spiegel-Interview.

"Ich will nichts beschönigen, der Zustand der FDP ist nicht gut, zufrieden kann ich nicht sein", sagte Leutheusser-Schnarrenberger weiter. Mit Blick auf Parteichef Guido Westerwelle erklärte sie: "Jeder von uns macht nicht immer alles richtig und kann auch dazulernen und sich verbessern, auch der Vorsitzende."

Wer ist schuld an der Misere?

Bereits vor wenigen Tagen hatte Leutheusser-Schnarrenberger dafür plädiert, auch über andere Koalitionsoptionen als ein schwarz-grünes Bündnis nachzudenken. In Nordrhein-Westfalen hatte die FDP Gespräche mit der SPD über eine Ampelkoalition abgelehnt. Allerdings senden im Gegensatz zu Westerwelle FDP- Führungsleute wie Ex-Juli-Chef Johannes Vogel oder Fraktionsvize Otto Fricke ebenfalls Signale der Öffnung zur SPD.

Kritik an Westerwelle hatte auch der ehemalige FDP-Chef Wolfgang Gerhard geäußert: Dieser habe sich nicht deutlich genug gegen Angela Merkel gewandt, als diese die Aussetzung der Pläne zu einer Steuerreform verkündet hatte.

FDP-Vorstandsmitglied Wolfgang Kubicki hatte Westerwelle jüngst in Schutz genommen, dafür eine andere Schuldige an der FDP-Misere ausgemacht. "Das Problem der FDP heißt nicht Guido Westerwelle, sondern Birgit Homburger, die Fraktionschefin im Bundestag."

Diskussion über Steuererhöungen

Derweil versucht die Partei, Diskussionen um mögliche Steuererhöhungen im Keim zu ersticken. "Steuererhöhungen wird es mit der FDP nicht geben", sagte FDP-Wirtschaftsminister Brüderle dem Hamburger Abendblatt. "Wir müssen den Haushalt über die Ausgabenseite und nicht über die Einnahmenseite konsolidieren."

Eine Regierungssprecherin hatte sich am Freitag zu diesem Thema nicht eindeutig festlegen wollen und damit Gerüchte genährt, wonach ein solcher Schritt für die schwarz-gelbe Koalition nicht mehr tabu sei.

Der CDU-Finanzpolitiker Michael Meister ging mit Überlegungen an die Öffentlichkeit, auf bisher begünstigte Produkte den vollen Mehrwertsteuersatz zu erheben. Er sagte dem Tagesspiegel, der ermäßigte Satz könne auf den Prüfstand gestellt werden. Dieser gilt beispielsweise für Bücher oder bestimmte Lebensmittel. Brüderle hingegen weist darauf hin, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Mehrwertsteuererhöhungen ausgeschlossen habe.

Schäuble: Steuererhöhungen möglich

Aus dessen Mund hört sich die Sachlage allerdings ganz anders an: In einem Interview mti der Bild am Sonntag schließt Schäuble Steuer- und Abgabenerhöhungen zur Sanierung des Haushalts nicht aus. "Ich diskutiere jetzt keine einzelnen Maßnahmen, aber ich nehme sie auch nicht aus", sagte der CDU-Politiker.

Es gebe etwa jede Menge Subventionen auf die unterschiedlichsten Energiearten. "Die abzubauen hat doch nichts mit dem Quälen der Bürger zu tun", betonte Schäuble. Die eigentliche Aufgabe bestehe allerdings darin, möglichst sparsam bei den Ausgaben zu sein.

Am kommenden Wochenende kommt das Kabinett bei einer Klausurtagung zusammen, um über die Sanierung des Bundeshaushalts zu diskutieren.

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