Putins Plan zur Raketenabwehr:Aserbaidschan offen, Washington skeptisch

Die Regierung in Baku ist bereit, mit Amerikanern und Russen über die gemeinsame Nutzung einer Radarstation zu sprechen. Doch weder in Washington, noch im Nato-Hauptquartier hält man von dem Vorhaben viel - auch, weil Aserbaidschan "etwas zu nah an den Schurkenstaaten" liegt.

Aserbaidschans Außenminister Elmar Mammadjarow sagte in der Hauptstadt Baku zum Vorschlag des russischen Präsidenten Wladimir Putin auf dem G-8-Gipfel: "Aserbaidschans derzeitige Position, die von den USA und Russland unterstützt wird, ist, dass Konsultationen auf beider- oder dreiseitiger Ebene begonnen werden." Mammadjarow sagte, Putins Vorschlag könnte mehr Stabilität in die Region bringen, "weil er zu besser voraussehbaren Aktionen in der Region führt".

Russland benutzt bereits die Radarstation in der ehemaligen Sowjetrepublik am Kaspischen Meer, die eine Grenze mit Iran hat.

Auch die Bundesregierung begrüßte Putins Vorschlag für eine amerikanisch-russische Zusammenarbeit bei der Raketenabwehr. "Wir werten das als ein positives, ein konstruktives Signal des Dialogs und auch der Entspannung", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin. "Dieser Vorschlag verdient jetzt in der Tat sorgfältige Prüfung." Die USA hätten dies auch zugesagt. Die Initiative sollte aber außerdem im Nato-Russland-Rat besprochen werden.

Putin hatte auf dem G-8-Gipfel in Heiligendamm erklärt, er habe nichts gegen eine Errichtung der geplanten US-Anlage in Aserbaidschan statt in Polen und Tschechien. Dann würde er auch seine Drohung fallen lassen, russische Raketen erneut auf Europa zu richten.

In Washington wurde die überraschende russische Initiative mit Skepsis aufgenommen. Bushs Nationaler Sicherheitsberater Steve Hadley sagte, ihm missfalle vor allem Putins Auffassung, dass die Aufstellung von Abfangraketen noch nicht nötig sei. "In seiner Sicht ist eine Radar-Kooperation in Ordnung und die Stationierung von Abfangraketen verfrüht", sagte Hadley. "Unsere Sorge ist natürlich, dass es Zeit braucht, ein Abwehrsystem in Stellung zu bringen."

Die im US-Staat Massachusetts ansässige Vereinigung besorgter Wissenschaftler wertete Putins Vorstoß als Gegenvorschlag, um in Heiligendamm nicht als unnachgiebig dazustehen. "Ich denke aber nicht, dass er die Leute in den USA zufriedenstellt, die ein Abwehrsystem haben wollen,", sagte ihr Sprecher David Wright.

Jaap de Hoop Scheffer vorsichtig

Auch Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer beurteilt die Einbindung einer russischen Radaranlage in den US-Raketenabwehrschild skeptisch. "Es ist immer nützlich, wenn zwei Präsidenten konstruktiv miteinander über dieses Thema sprechen", sagte er am Freitag über die Beratungen von Russlands Staatschef Wladimir Putin mit seinem US-Kollegen George W. Bush beim G-8-Gipfeltreffen in Heiligendamm.

Die vorgeschlagene Radaranlage in Aserbaidschan liege aber "etwas nah bei den Schurkenstaaten, über die wir sprechen". Bush hatte nach dem Treffen mit Putin nur allgemein von interessanten Vorschlägen gesprochen.

Putin ist gegen die US-Pläne, Teile des Raketenschilds in Polen und Tschechien zu errichten. Er hat das geplante System als Bedrohung Russlands kritisiert und mit Gegenmaßnahmen gedroht. Die USA betonen dagegen, der Schild richte sich nicht gegen Russland, sondern solle eventuelle Raketenangriffe von Staaten wie Iran oder Nordkorea abwehren.

Die USA wollen zehn Abfangraketen in Nordpolen aufstellen und eine zugehörige Radarstellung in Tschechien errichten. US-Präsident George W. Bush sagte, Putins Vorschlag sei interessant und er werde ihn prüfen.

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