Putins Amtseinführung:Erst gratuliert der Patriarch, dann Gerhard Schröder

Amtseinführung von Russlands Präsident Putin

In der ersten Reihe: der Orthodoxe Patriarch Kirill (2.v.l), Gerhard Schröder (Mitte) und Ministerpräsident Dmitrij Medwedjew (rechts).

(Foto: dpa)

Bei seiner vierten Vereidigung fährt Putin in einer symbolträchtigen Nobelkarosse vor. Unter den wenigen internationalen Gästen fällt Altkanzler Gerhard Schröder umso mehr auf.

Von Paul Katzenberger, Moskau

Die wichtigste Frage klärt sich gleich zu Beginn. Zur Amtseinführung in den Kremlpalast lässt sich Wladimir Putin in einer Limousine chauffieren, die die Welt bislang noch nicht gesehen hat. Er fährt im "Aurus" vor - der neuen russische Staatskarosse. Sie wird seit sechs Jahren unter Einsatz von stattlichen zwölf Milliarden Rubel (162 Millionen Euro) vom staatlichen Automobilforschungsinstitut NAMI entwickelt. Die Jungfernfahrt des Fahrzeugs war seit Langem für die Amtseinführung des Präsidenten im Jahr 2018 angekündigt worden.

Doch dann kamen Zweifel auf, ob dieser Termin eingehalten werden könne. Schon im Februar 2017 warnte das russische Industrie- und Handelsministerium, dass die fristgerechte Zulassung des Fahrzeugs wegen gesetzlicher Auflagen gefährdet sei. Doch den Gesichtsverlust, die Prachtkutsche nicht wie versprochen zu präsentieren, wollte der Kreml offensichtlich unter allen Umständen vermeiden. Hätte es den Eindruck der mangelnden technologischen Wettbewerbsfähigkeit des Landes doch einmal mehr bestätigt. Und so machte es sich Putin in dem Fahrzeug für den 750 Meter langen Weg innerhalb des Kreml-Geländes bequem, obwohl es noch keine Serienreife besitzt.

Es war die erste Fahrt eines Präsidenten des modernen Russland in einem einheimischen Fahrzeug. Nachdem Putins Vorvorgänger Boris Jelzin einen S-Klasse-Mercedes der Bauart W140 angeschafft hatte, waren russische Präsidenten stets in Mercedes-Limousinen unterwegs, zuletzt vertraute Putin auf einen Mercedes-Maybach S 600 Pullmann Guard. In der Sowjetunion hatten sich die Staatsführer noch mit den ausladenden ZIL-Limousinen aus sowjetischer Produktion herumkutschieren lassen.

In jeder anderen Hinsicht lief Putins Amtseinführung allerdings genauso ab, wie es den russischen Medien von Kreml-Insidern kurz vorher gesteckt worden war. Da war schon verraten worden, dass der gewählte Präsident - anders als 2012 - auf eine Autofahrt im Konvoi durch die weiträumig abgesperrten Straßen Moskaus verzichten würde.

Amtseinführung von Russlands Präsident Putin

Wladimir Putin während seiner Fahrt in seiner neuen Dienst-Limousine "Aurus" auf dem Gelände des Kremls. Der Name des Fahrzeugs setzt sich aus den Begriffen "Aurum" (lateinisch für Gold) und "Russland" zusammen.

(Foto: dpa)

Die Tour durch die menschenleer erscheinende Stadt hatte damals für viel Spott in den sozialen Medien gesorgt. Zum Beispiel unterlegte ein Youtuber ein Video der Fahrt mit dem Soundtrack von Danny Boyles Horror-Zombie-Thriller "28 Days Later" von 2002.

Diesmal war Putin ganz offensichtlich um mehr Volksnähe und etwas mehr Bescheidenheit bei der traditionell pompösen Veranstaltung bemüht. Einen weiten Teil der Strecke von seinen Amtsräumen zum Großen Kremlpalast legte er zu Fuß zurück, bevor er vor 5000 geladenen Gästen im Andreassaal den Amtseid mit der rechten Hand auf der Verfassung leistete.

In seiner knapp 20-minütigen Rede versprach er einmal mehr, sich für die weitere Entwicklung Russlands einzusetzen, das nach der Krise der Neunzigerjahre noch immer nicht sein volles Potenzial ausschöpfe. Dies wolle er ändern: "Ich betrachte es als meine Aufgabe und als meinen Lebenssinn, mein Möglichstes für Russland zu geben, in der Gegenwart und in der Zukunft."

Danach wohnte er noch kurz einer Militärzeremonie bei und stellte sich jugendlichen Unterstützern zum Smalltalk und für ein gemeinsames Foto zur Verfügung. Volksnähe, das sollte die zentrale Botschaft dieser Zeremonie sein.

International ist Putin einsamer geworden

Populär ist Putin in Russland ja auch nach wie vor - die gut 76 Prozent, die er bei der Wahl erhielt, kamen nicht allein aufgrund von Wahlfälschungen zustande, auch wenn die Wahlbeobachtermission der OSZE die Verletzung demokratischer Spielregeln beanstandete.

Doch dass es nach der Annexion der Krim und dem Konflikt mit der Ukraine international einsam um Russlands Staatsführer geworden ist, ließ sich bei seiner Amtseinführung ebenfalls deutlich erkennen. Denn unter den 5000 Gästen, zu denen die gesamte Prominenz Russlands aus Politik, Militär, Sport und Kultur zählte, war Gerhard Schröder einer der wenigen Prominenten aus dem Westen. Eigentlich waren auch Silvio Berlusconi und Arnold Schwarzenegger angekündigt gewesen. Doch sowohl Italiens Ex-Premier als auch der frühere Gouverneur Kaliforniens sagten offensichtlich kurzfristig ab. Immerhin gab Steven Seagal Putin die Ehre. Der Hollywood-Schauspieler war mehrfach für den Negativpreis "Goldene Himbeere" nominiert und hat ihn einmal auch gewonnen.

Der Altkanzler stand dann in der ersten Reihe neben dem russischen Patriarchen Kirill und Russlands Ministerpräsident Dmitrij Medwedjew und hatte so das Privileg, als einer der Ersten Putin beim Hinausgehen zur neuen Amtszeit zu gratulieren. Nur Patriarch Kirill reichte Putin die Hand noch früher. Dafür war Schröder noch vor Premier Medwedjew an der Reihe.

Während der Zeremonie hatten die Kameras des russischen Staatsfernsehens immer wieder das Gesicht des früheren deutschen Regierungschefs gesucht, als wollten sie zeigen, dass Putin im Westen noch nicht vollständig isoliert ist. Schröder machte dabei einen angespannten und ernsten Eindruck. Wahrscheinlich wusste er schon, dass die Bilder seines Auftritts in Deutschland deutlich schlechter ankommen als in der russischen Öffentlichkeit.

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