Putin zu Gast in Kairo:Außenseiter unter sich

Russian President Vladimir Putin visits Egypt

Ägyptens Machthaber Abdel Fattah al-Sisi (r.) und Russlands Präsident Wladimir Putin während eines informellen Essens in Kairo

(Foto: dpa)
  • Russlands Präsident Putin ist zu Gast bei Ägyptens Machthaber Abdel Fattah al-Sisi.
  • Das Treffen bietet Gelegenheit, dem Westen zu demonstrieren, dass es andere Partner gibt in der internationalen Gemeinschaft.
  • Moskau will an die engen Beziehungen anknüpfen, die es zwischen Ägypten und der Sowjetunion bis in die Siebzigerjahre gab.
  • Kairo will unabhängiger werden von der US-Militärhilfe, die zuletzt 1,6 Milliarden Dollar im Jahr betrug.

Von Julian Hans, Moskau, und Paul-Anton Krüger, Kairo

Hunderte Konterfeis von Wladimir Putin säumten am Montag die Straßen der ägyptischen Hauptstadt. "Willkommen!" hieß es auf den Plakaten zum Besuch des russischen Präsidenten in Kairo.

Die Visite kommt Gastgeber Abdel Fattah al-Sisi genauso gelegen, wie seinem Kollegen aus Moskau. Beide sehen sich internationaler Kritik ausgesetzt, der eine wegen seiner Unterstützung für den Krieg prorussischer Separatisten in der Ukraine, der andere wegen seiner Repression gegen die Islamisten der Muslimbruderschaft aber auch gegen liberale Aktivisten. Das zweitägige Treffen bietet nun die Gelegenheit, sich gegenseitiger Wertschätzung zu versichern und dem Westen zu demonstrieren, dass es andere Partner gibt in der internationalen Gemeinschaft. Kritik an Menschenrechtsverletzungen brauchte hier keiner zu fürchten.

Die Führung in Moskau sieht - weitgehend im Einklang mit den Herrschern in Kairo - den Arabischen Frühling als Werk der Amerikaner. Der Kreml hat sich beeilt, gleich nach der Absetzung des Islamisten-Präsidenten Mohammed Mursi durch das ägyptische Militär enge Beziehungen zu Machthaber Sisi aufzubauen. Eine gemeinsame Wirtschafts-Kommission, die 2011 nach fast zwei Jahrzehnten ihre Arbeit eingestellt hatte, wurde wiederbelebt. Im November 2013 trafen sich die Außen- und Verteidigungsminister beider Länder in Kairo, damals bekleidete Sisi noch letztgenanntes Amt. Die Begegnung begründete das Format der Zwei-plus-Zwei-Gespräche, in dem sich die Minister seither vierteljährlich austauschen.

A worker fixes a banner with a picture of Russian President Vladimir Putin along a bridge in central Cairo

Willkommen, Herr Putin: Plakate säumen die Straßen in Kairo.

(Foto: Asmaa Waguih/Reuters)

Moskau braucht neue Allianzen im Nahen Osten

Moskau will an die engen Beziehungen anknüpfen, die es zwischen Ägypten unter Präsident Gamal Abdel Nasser und der Sowjetunion bis in die Siebzigerjahre gab. Moskau stand im Sechstagekrieg 1967 und im Jom-Kippur-Krieg 1973 auf Kairos Seite. Erst mit dem Vertrag von Camp David verpflichtete sich Präsident Anwar al-Sadat, auf sowjetische Waffen zu verzichten und auf amerikanische umzusteigen. Moskau braucht neue Allianzen im Nahen Osten, will es seinen Einfluss wahren. Syriens Präsident Baschar al-Assad, der langjährige Verbündete, ist weithin isoliert.

Dem russischen Präsidenten begegnete Sisi zum ersten Mal, als Putin ihn im Februar 2014 in seiner Residenz Nowo-Ogarjowo empfing - wobei er Sisi seiner Unterstützung versicherte und dessen Kandidatur für die Präsidentschaft ausplauderte. Im März vereinbarten die beiden Staaten Kooperation bei der Rüstung. Bald nach der Wahl im Juni kam Sisi nach Sotschi, wo Putin und er beschlossen, den Export von Obst und Gemüse aus Ägypten nach Russland um ein Drittel zu steigern. Zuvor hatte Moskau ein Embargo gegen Lebensmittel aus der EU und den USA erlassen, die Sanktionen gegen Russland verhängt hatten.

Doch den beiden Präsidenten dürfte ein anderes Thema wichtiger gewesen sein: Gleich nach der Landung in Sotschi, bekam Sisi auf dem Flugfeld eine Vorführung russischer Wehrtechnik geboten: gepanzerte Fahrzeuge, Panzer und Flugabwehrgeschütze. Nach russischen Angaben bestellten die Ägypter Kampfhubschrauber, MiG-Jagdflugzeuge und Geschütze. Der Wert der Aufträge wurde auf mehr als zwei Milliarden Euro beziffert. Gemeinsame Manöver sind ebenso geplant wie ein Austausch bei der Ausbildung von Offizieren.

Kairo fühlt sich gegängelt von Washington

Ägypten will unabhängiger werden von der US-Militärhilfe, die zuletzt 1,6 Milliarden Dollar im Jahr betrug. Das Land fühlt sich gegängelt von Washington, das wegen der Absetzung Mursis die Rückgabe von zur Überholung in die USA gesandten Apache-Kampfhubschrauber verzögerte, die Kairo zum Kampf gegen Terroristen auf dem Sinai einsetzt. Auch hatte der Kongress sich lange gesperrt, die Mittel freizugeben. Die Regierung in Kairo verdächtigt die USA, insgeheim immer noch die Muslimbruderschaft zu unterstützen, die in Ägypten als Terrorvereinigung verboten ist. Angeblich hatte Saudi-Arabien, das eine ähnliche Haltung vertritt wie Ägypten, sich bereit erklärt, die russischen Waffen zu finanzieren. Ins Bild passt auch, dass Ägypten mit Frankreich über den Kauf von 24 Rafale-Kampfjets verhandelt.

Auch im Umgang mit Opposition, regierungsunabhängigen Organisationen und Medien hat sich Sisi vom russischen Vorbild inspirieren lassen. NGOs werden als "ausländische Agenten" diffamiert, müssen sich unter einem international kritisierten Gesetz registrieren lassen, wenn sie Geld aus dem Ausland erhalten. Auf dem Programm für Putins Besuch steht auch eine engere Zusammenarbeit bei den Medien: Rossija Segodnja, die Propaganda-Agentur des Kreml, und das ägyptische Medienimperium al-Ahram planten "gemeinsame Projekte", heißt es in einer Ankündigung des Kreml.

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