Putin-Gegner:Heftige Proteste nach Nawalny-Urteil

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Urteil gegen Alexej Nawalny: Heftige Proteste in Moskau (Foto: REUTERS)

Der Schuldspruch gegen Alexej Nawalny erregt Russland. Nachdem der Kremlgegner in Handschellen aus dem Gericht abgeführt wird, kommt es in vielen Städten zu Protesten. Hundert Menschen werden allein in Moskau verhaftet - jetzt will der Generalstaatsanwalt das Urteil anfechten.

Der bekannte Kremlgegner Alexej Nawalny hofft nach Protesten in vielen russischen Großstädten gegen seine Inhaftierung auf die Freilassung. Moskaus Generalstaatsanwaltschaft kündigte nach den Demonstrationen in Moskau und anderen Städten eine Beschwerde gegen die Inhaftierung an. Ein Gericht in der Stadt Kirow entscheidet zudem an diesem Freitag, ob der wegen Veruntreuung zu fünf Jahren Straflager verurteilte 37 Jahre alte Anwalt schon jetzt in Haft muss, obwohl der Richterspruch nicht rechtskräftig ist.

Beobachter des Prozesses kritisierten viele Verfahrensmängel und ein Verfahren "ohne einen einzigen Beweis". Menschenrechtler und Vertreter der Bundesregierung sprachen von einem "Schauprozess" und einem neuen Beispiel für politische Willkürjustiz in Russland. Die Europäische Kommission sowie die USA kritisierten das Urteil. Nawalny selbst wies die Vorwürfe als politische Inszenierung des Kreml zurück.

Richter Sergej Blinow hatte den Oppositionspolitiker noch im Gerichtssaal in der Stadt Kirow verhaften lassen. Daraufhin stürmten landesweit Tausende Menschen auf die Straße, um gegen Justizwillkür in Russland zu protestieren. Es gab allein in Moskau und St. Petersburg mehr als 100 Festnahmen unter den Tausenden Demonstranten.

Nawalny will weiter Bürgermeister werden

Nawalny wird in der russischen Bevölkerung als Kämpfer gegen Korruption und Vetternwirtschaft geschätzt. Er hat mehrfach gezeigt, dass er Massen mobilisieren kann. Nawalny soll 2009 als Berater eine staatliche Holzfirma betrogen und sich so umgerechnet 400.000 Euro erschlichen haben.

Sollte der Politiker an diesem Freitag freikommen, werde er als Kandidat an der Bürgermeisterwahl in Moskau für den 8. September weiter teilnehmen, teilte sein Stab mit. Eine Zulassung von Nawalny zur Abstimmung soll dazu beitragen, dass der Urnengang mit einem absehbaren Sieg von Amtsinhaber Sergej Sobjanin am Ende als legitim anerkannt wird, wie Kommentatoren betonen.

Anders als Sobjanin hat Nawalny weder die Unterstützung der vom Kreml beherrschten Staatsmedien noch das Machtlager hinter sich. Die Chancen des Oppositionspolitikers bei der Wahl gelten deshalb als aussichtslos.

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