Der Fall Pussy Riot:"Ich habe keine Angst vor euren Lügen"

Nadeschda Tolokonnikowa, Maria Aljochin und Jekaterina Samuzewitsch: als Mitglieder der Punk-Band "Pussy Riot" wurden sie zum Symbol des russischen Widerstands - weltweit. Ihre "Punk-Andacht", die Verhaftung und die kämpferischen Auftritte vor Gericht:

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Nadeschda Tolokonnikowa, Maria Aljochin und Jekaterina Samuzewitsch: als Mitglieder der Punk-Band "Pussy Riot" wurden sie zum Symbol des russischen Widerstands - weltweit. Ihre "Punk-Andacht", die Verhaftung und die kämpferischen Auftritte vor Gericht: Am 21. Februar flehten Pussy Riot mit einer "Punk-Andacht" vor dem Altar der Christi-Erlöser-Kirche in Moskau die Gottesmutter an, Russland von Präsident Wladimir Putin zu erlösen. Die Staatsanwaltschaft bewertete die Aktion als antireligiös motivierten Hass, der die geistliche Grundlage des russischen Staates untergrabe und "auf blasphemische Weise die jahrhundertealten Grundfesten der russisch-orthodoxen Kirche erniedrigt". Nadeschda Tolokonnikowa, Maria Aljochin und Jekaterina Samuzewitsch kommen im März in Untersuchungshaft, ihnen drohen zu diesem Zeitpunkt bis zu sieben Jahre Haft wegen "organisiertem Rowdytum".

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(Foto: Reuters)

Nichtregierungsorganisationen und russische Oppositionelle befürchten einen Schauprozess, Amnesty International hat die Frauen als politische Gefangene anerkannt. Im Internet sammeln Unterstützer der Band Geld für die drei Angeklagten. Aufgrund der Proteste beschließt das Gericht den Prozess per Livestream online zu übertragen.

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Im Interview mit Süddeutsche.de betont der Anwalt von Pussy Riot, Mark Fejgin, dass Putin mit dem Prozess seine Macht demonstrieren und ein deutliches Signal der Einschüchterung an die Opposition senden wolle.

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Während des Prozesses geht die Polizei vor dem Gerichtsgebäude immer wieder gegen Oppositionelle vor. Zahlreiche Demonstranten werden verhaftet - auch Ex-Schachweltmeister Garri Kasparow. Weil er einem Polizisten bei seiner Verhaftung in die Hand gebissen haben soll, steht er anschließend selbst vor Gericht.

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Aber auch weltweit gehen Menschen für die jungen Frauen auf die Straße, um bis zum Schluss für ihre Freilassung zu kämpfen: Mit Masken, Mundschutz und Handschellen posierten diese drei Aktivisten vor der russischen Botschaft in London. Die kanadische Sängerin Peaches widmet Pussy Riot ein Lied. Während des Shootings für das Musik-Video demonstrierten Statisten in Berlin für die Freilassung der Russinen. Auch Stars wie Paul McCartney und Madonna setzen sich öffentlich für sie ein.

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Trotz der drohenden Haftstrafe treten Nadjeschda Tolokonnikowa, Maria Aljochin und Jekaterina Samuzewitsch vor Gericht selbstbewusst und vor allem mutig auf. In ihren Schlussplädoyers machten die Künstlerinnen deutlich, was sie von der Verhandlung halten: "Ich habe, was den Prozess angeht, gemischte Gefühle. Einerseits erwarten wir einen Schuldspruch. Wir haben verloren. Andererseits haben wir aber auch gewonnen. Die ganze Welt sieht, dass der Prozess gegen uns nur gestellt ist", sagte etwa die 30-jährige Jekaterina Samuzewitsch. "Ich habe keine Angst vor euch. Ich habe keine Angst vor euren Lügen, vor eurem notdürftig verschleierten Betrug und dem Urteil dieses sogenannten Gerichts", hielt die 24-jährige Maria Aljochina der Anklage entgegen. "Alles, was ihr mir rauben könnt, ist die äußere Freiheit. Aber meine innere Freiheit könnt ihr mir nicht nehmen."

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(Foto: Maxim Shipenkov/dpa)

Mitte August spricht Richterin Marina Syrowa die drei Frauen schuldig und verurteilt sie zu zwei Jahren Straflager. Während ihres Auftritts in der Christi-Erlöser-Kathedrale sei "moralischer Schaden für die anwesenden Gläubigen entstanden", lautet die Begründung. Die Staatsanwaltschaft hatte drei Jahre Haft gefordert. Die positiven Beurteilungen der Frauen durch ihr Umfeld und die Tatsache, dass zwei der Künstlerinnen kleine Kinder hätten, seien jedoch als mildernde Umstände zu werten, begründet die Richterin die kürzere Haft. Zudem seien Aljochina und Samuzewitsch zuvor nie auffällig geworden.

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Doch trotz der Haftstrafe haben die drei Frauen ihr eigentliches Ziel erreicht: Sie haben die ganze Welt auf die autoritären Tendenzen in ihrem Heimatland aufmerksam gemacht. Das verwackelte Video des "Punk-Gebets" wurde tausendfach im Internet verschickt und Pussy Riot sind weit über Russland hinaus zum Symbol für Widerstand und Rebellion geworden.

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(Foto: dpa)

Am 1. Oktober soll ein Berufungsgericht über das gefällte Urteil im Fall der russischen Punk-Band Pussy Riot entscheiden. Doch das Verfahren gegen die drei Frauen wird überraschend auf den 10. Oktober vertagt. Die Richterin gab einem Antrag einer der inhaftierten Künstlerinnen statt, ihren Anwalt auszutauschen. Ihre Position stimme nicht mit der ihrer Verteidiger überein, sagte Jekaterina Samuzewitsch im Gerichtssaal. Im Vorfeld des Verhandlungstermins hatte die russisch-orthodoxe Kirche die drei angeklagten Frauen zur Buße aufgefordert. Ihre Tat müsse aber auf jeden Fall bestraft werden, sagte ein Kirchensprecher.

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(Foto: dpa)

Schließlich bestätigt das Berufungsgericht die zweijährige Haftstrafe gegen zwei der Frauen...

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(Foto: REUTERS)

Jekaterina Samuzewitsch wird jedoch freigelassen und die Lagerhaft in eine Bewährungsstrafe umgewandelt.

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(Foto: AFP)

Vor dem Gerichtsgebäude demonstrieren während der Verkündigung des Berufungsurteils erneut Anhänger der Frauen. Auf einem großen Transparent fordern Putin-Gegner den Rücktritt des Präsidenten. Mindestens zwei Menschen werden festgenommen. Unter den Demonstranten sind jedoch auch Gläubige, die aus Protest gegen Pussy Riot Ikonen in den Händen halten.

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(Foto: REUTERS)

Nadeschda Tolokonnikowa verbringt derzeit ihre Lagerhaft in der Region  Mordowia, Maria Aljochin in Perm. Beide sprechen Anfang Januar in einem Interview über den Prozess aber auch über ihr Leben im Lager. "Ich bin niemandem böse", sagt Tolokonnikowa. Das Urteil wollen sie aber denn noch nicht akzeptieren: Anfang Februar reichen die Frauen offiziell Klage beim Menschengerichtshof ein. Die Frauen wollten damit erreichen, dass Russland wegen Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung verurteilt wird. Zudem soll ihr Protestgebet gegen Putin als politische Kunstaktion gegen "eine unheilige Allianz" von Kreml und Kirche anerkannt werden.

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Jekaterina Samuzewitsch ist derweil so etwas wie das Sprachrohr von Pussy Riot geworden. In den den verganenen Monaten hat sie immer wieder Interviews gegeben.

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