Prozess wegen Richterbestechung:Silvio Berlusconi kommt ohne Strafe davon

Die Erste Strafkammer in Mailand sprach Italiens Regierungschef Berlusconi in einem Fall frei, erkannte jedoch für den anderen Korruptionsvorwurf nur Verjährung aufgrund "mildernder Umstände".

Von Christiane Kohl

Rom - Überdies wurde ihm in einem weiteren Fall Richterbestechung vorgeworfen. Die Erste Strafkammer in Mailand sprach ihn nun im Falle des SME-Schiedsspruches frei, konzedierte ihm jedoch für den anderen Korruptionsvorwurf nur Verjährung aufgrund "mildernder Umstände".

In einer ersten Stellungnahme zeigte sich Berlusconis Anwalt Gaetano Pecorella zufrieden mit dem Richterspruch: Endlich werde anerkannt, dass der Regierungschef nicht in die Affäre um den Lebensmittelkonzern SME verwickelt gewesen sei.

Dass Berlusconi im zweiten Teil des Urteils nur Verjährung konzediert wurde, werde man beim Berufungsgericht ändern können, sagte Anwalt Pecorella, der zugleich Vorsitzender des Justizausschusses im italienischen Parlament ist.

Triumphierend äußerte sich auch Claudio Scajola von Berlusconis Partei Forza Italia, der das Urteil als "Niederlage ohne Rückkehr für die politisierten Staatsanwälte" wertete.

Rücktritt gefordert

Unterdessen hatten jedoch wenige Tage vor der Urteilsverkündung verschiedene Politiker Bedenken über den Fortbestand der Mitte-Rechts-Regierung geäußert für den Fall, dass die Berlusconi vorgeworfenen Delikte lediglich als verjährt anerkannt werden würden.

So meinte der frühere Staatspräsident Francesco Cossiga, ein ehemaliger Christdemokrat, der zum Regierungslager gehört, angesichts der schweren Vorwürfe der Richterbestechung genüge ein Prozessausgang mit Verjährung nicht: "Der Ministerpräsident muss zurücktreten", so sagte Cossiga, wenn er nicht freigesprochen werde.

Der Prozess, der vor mehr als vier Jahren eröffnet worden war, hatte immer wieder für schwere politische Auseinandersetzungen in Italien gesorgt.

Zahlreiche Gesetze hatte die Mitte-Rechts-Regierung verändert, um Berlusconis Position vor Gericht zu stärken beziehungsweise das Verfahren auszusetzen.

In dem Prozess ging es um die Mitte der achtziger Jahre versuchte Privatisierung des staatlichen Lebensmittelkonzerns SME und weitere Bestechungsvorgänge gegenüber römischen Richtern. Staatsanwältin Ilda Boccassini hatte acht Jahre Gefängnis für den Premier gefordert.

Sie warf ihm unter anderem vor, durch einen gekauften Schiedsspruch die Veräußerung des Unternehmens gestoppt zu haben.

Ursprünglich war der Regierungschef zusammen mit seinem ehemaligen Anwalt Cesare Previti, einem weiteren Gewährsmann und zwei Richtern angeklagt.

Sein Verfahren wurde jedoch im Sommer 2003 ausgesetzt, nachdem er ein Immunitätsgesetz für sich hatte verabschieden lassen. Monate später wurde die Regelung für verfassungswidrig erklärt, weshalb der Prozess im Frühjahr neu begann.

Mildernde Umstände

Im Herbst 2003 war Previti zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden - das Gericht hatte es als erwiesen angesehen, dass er den römischen Richter Renato Squillante gleichsam auf der Gehaltsliste hatte, um dessen Urteile zu beeinflussen. Squillante bekam acht Jahre Haft.

Der staatliche Konzern IRI hatte Mitte der achtziger Jahre mit dem Unternehmer Carlo de Benedetti eine Verkaufsvereinbarung über die Lebensmittelkette getroffen. Diese gefiel jedoch Ministerpräsident Bettino Craxi nicht.

Craxi, der später wegen Korruption rechtskräftig zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt wurde, bat Berlusconi um Hilfe. Der Medienunternehmer war Craxi damals einen Gefallen schuldig, denn dieser hatte durch verschiedene Dekrete Berlusconis wachsende, aber mit den italienischen Gesetzen nicht konforme Fernsehsender vor einem Verbot bewahrt.

Schon Berlusconis Vertrauter Previti war 2003 vom Vorwurf den SME-Schiedsspruch mit Schmiergeld gekauft zu haben, freigesprochen worden. Hingegen erachtete das Gericht Previti wie auch den Richter Squillante der Korruption für schuldig wegen Geldbewegungen aus dem Jahr 1991.

Nach vorliegenden Dokumenten gingen damals 434.000 Dollar von einem Auslandskonto Berlusconis über ein Konto von Previti an Squillante. In diesem Punkt sah offenbar auch die Strafkammer, die am Freitag entschied, eine Mitwirkung des Premiers als gegeben, doch es erkannte auf mildernde Umstände, weshalb es das Delikt für verjährt erklärte.

Dies impliziert, dass der 68-Jährige der Komplizenschaft bei der Richterbestechung schuldig ist, aber nicht mehr belangt werden kann.

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