Prozess:Serbischer Milizenführer "Kapetan Dragan" verurteilt

Dragan Vasiljkovic

Dragan Vasiljković wurde zu 15 Jahren Haft verurteilt.

(Foto: AP)
  • Dragan Vasiljković, der unter dem Kriegsnamen "Kapetan Dragan" bekannt wurde, befehligte 1991 eine von ihm ausgebildete paramilitärische Einheit.
  • Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die von Dragan befehligten Freischärler während der Eroberung der Kleinstadt Glina die umliegenden Dörfer mit Granaten beschossen.
  • Schuldig gesprochen wurde Vasiljković auch für die Misshandlung von Gefangenen in der Festungsstadt Knin.

Von Hans Holzhaider

Der ehemalige serbische Milizenführer Dragan Vasiljković ist von einem Gericht in der kroatischen Stadt Split zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt worden. Das Gericht sprach den 62-Jährigen unter anderem schuldig am Tod des SZ-Journalisten Egon Scotland, der am 26. Juli 1991 nahe der Stadt Glina von einem Scharfschützen erschossen wurde.

Vasiljković, der unter dem Kriegsnamen "Kapetan Dragan" bekannt wurde, befehligte 1991 eine von ihm ausgebildete paramilitärische Einheit in der Krajina, der mehrheitlich von Serben bewohnten Grenzregion zwischen Kroatien, Serbien und Bosnien-Herzegowina. Das Gespanschaftsgericht Split unter Vorsitz von Damir Romać sah es als erwiesen an, dass die von Dragan befehligten Freischärler während der Eroberung der Kleinstadt Glina auch die umliegenden Dörfer mit Granaten beschossen, um die Bewohner zu vertreiben. "Es war der Versuch einer ethnischen Säuberung", sagte Richter Romać. Ein Bewohner der Ortschaft Jukinać wurde dabei von einer Granate getötet.

Der SZ-Reporter Egon Scotland war in einem deutlich als Pressefahrzeug gekennzeichneten Auto auf der Suche nach einer vermissten Kollegin, als er in Jukinać von Scharfschützen aus Glina beschossen wurde. Durch den viele Stunden andauernden Beschuss wurden viele Wohnhäuser, eine Schule und eine Kirche zerstört. "Der Angeklagte wusste, dass es in diesen Orten nur Zivilisten und einige leicht bewaffnete Polizisten, aber keinerlei militärische Kräfte gab", sagte der Richter.

Schuldig gesprochen wurde Vasiljković auch für die Misshandlung von Gefangenen in der Festungsstadt Knin. Mehrere Zeugen hatten berichtet, dass sie dort unter erbärmlichen Verhältnissen gefangen gehalten und von den Wärtern, in einem Fall aber auch von Dragan selbst, durch Schläge und Fußtritte misshandelt worden waren. Als nicht erwiesen sah das Gericht dagegen den Vorwurf an, Dragan habe in Bruška zwei Gefangene erschießen lassen oder selbst erschossen. Den einzigen Zeugen, der davon berichtete, hielten die Richter nicht für glaubwürdig.

Erschwerend falle ins Gewicht, dass der Angeklagte während der gesamten Prozessdauer von einem Jahr keinerlei Reue und Einsicht gezeigt habe, sagte Romać. In seinem Schlusswort vor einer Woche sprach Dragan von einem "faschistischen Prozess" und bestritt alle ihm zur Last gelegten Taten. Weder habe er Gefangene misshandelt, noch habe er den Angriff auf Glina und den Beschuss der umliegenden Dörfer angeordnet. "Die Verbrechen, die ich begangen haben soll, sind überhaupt nicht geschehen", sagte Dragan. Auch der Verlesung des Urteils folgte er mit trotzig emporgereckten Kinn.

Von den 15 Jahren Haft muss Vasiljković, falls das Urteil rechtskräftig wird, voraussichtlich nur noch etwa drei Jahre absitzen. Er war 2005 in seiner Wahlheimat Australien festgenommen worden und saß seitdem, mit einer kurzen Unterbrechung, in Untersuchungshaft, seit Juli 2015 in Kroatien. Diese Haftzeit wird auf das Urteil angerechnet. Sowohl die Staatsanwaltschaft wie der Angeklagte können gegen das Urteil Berufung einlegen.

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