Prozess:NPD-Chef schweigt zu Volksverhetzungsvorwurf

NPD-Leute stehen vor Gericht, weil sie den Fußballer Owomoyela diskriminiert haben sollen. Eine Verurteilung hätte für Voigt Folgen.

J. Reese

Auf dem Titelblatt des NPD-Planers zur Fußballweltmeisterschaft 2006 ist ein Trikot der deutschen Nationalmannschaft zu sehen. Es zeigt die Nummer 25. Darunter steht mit großen Lettern geschrieben: "Weiß. Nicht nur eine Trikotfarbe. Für eine echte National-Mannschaft." Die Rückennummer des Trikots gehörte seinerzeit Fußballprofi und Nationalspieler Patrick Owomoyela. Er wurde in Hamburg geboren und ist deutsch-nigerianischer Abstammung.

Prozess: NPD-Chef Udo Voigt während des ersten Verhandlungstages in Berlin.

NPD-Chef Udo Voigt während des ersten Verhandlungstages in Berlin.

(Foto: Foto: ddp)

An diesem Dienstag begann die Verhandlung gegen die verantwortlichen Macher des "WM-Planers". Es sind der NPD-Chef Udo Voigt, Parteisprecher Klaus Beier und der Leiter der Rechtsabteilung Frank Schwerdt. Vor dem Amtsgericht Berlin-Tiergarten sind sie wegen Volksverhetzung und Beleidigung angeklagt. Die Titelseite des WM-Planers legte die Deutung nahe, nur Spieler weißer Hautfarbe seien echte Nationalspieler. Sie könnte als Aufruf verstanden werden, dunkelhäutige Spieler aus der Nationalmannschaft auszuschließen.

DFB als Nebenkläger

Owomoyela hatte zusammen mit dem Deutschen Fußball-Bund 2006 Strafanzeige erstattet und per einstweiliger Verfügung die Verteilung der WM-Flyer untersagt. Aus Sicht des heute 29-jährigen Bundesliga-Profis, der heute für Borussia Dortmund spielt, missbrauchte die NPD ihn für ihre rassistische Propaganda. Dies sei "verletzend", erklärte er 2006.

Bei einer Razzia stellte die Polizei im April 2006 in der NPD-Bundeszentrale in Berlin-Köpenick Zehntausende WM-Planer sicher. Gegen den Durchsuchungsbeschluss legte die NPD damals Beschwerde ein.

Der Berliner Prozess um die Spitzenfunktionäre ist nur eines der vielen Probleme der NPD: Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken ermittelt gegen Udo Pastörs: Der NPD-Fraktionschef im Schweriner Landtag soll bei einer Wahlkampfveranstaltung volksverhetzende Formulierungen über Juden und türkischstämmige Einwanderer gebraucht haben. Hinzu kommen riesige Geld-Probleme: Voigt musste zugeben, dass die Partei vor dem finanziellen Ruin stehe.

Aussagen bisher verweigert

Bei dem auf zwei Verhandlungstage angesetzten Hauptverfahren haben die drei Angeklagten bisher die Aussage verweigert. Ihre Anwälte beantragten gar die Einstellung des Verfahrens. Oberstaatsanwalt Jörg Raupach sprach hingegen von einem "sehr schwerwiegenden Vorwurf". Im Falle eines Schuldspruchs droht den Männern bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe.

Der erste Prozesstag wurde immer wieder von Anträgen der Verteidigung unterbrochen. Richterin Monika Pelcz wurde wegen Befangenheit abgelehnt. Pelcz wies diesen Vorwurf zurück. Über den Befangenheitsantrag wird später entschieden, der Prozess wurde fortgesetzt.

Pikante Rolle des NPD-Chefs Udo Voigt

Besonders brisant ist dabei die Rolle von NPD-Chef Udo Voigt. Dieser war zwölf Jahre lang bei der Bundeswehr und ist bis heute Mitglied im Bundeswehrverband - zum Unmut des ehemaligen Verbandschefs Bernhard Gertz. "Uns gefällt es gar nicht, dass er bei uns Mitglied ist", so Gertz im vergangenen Jahr.

Ein Ausschluss Voigts ist aber durch das Gleichstellungsgesetz und den Vereinscharakter des Verbandes nicht leicht. Voigt müsste ein vereinsschädigendes Verhalten nachgewiesen werden. Die Mitgliedschaft in einer - wenn auch rechtsextremen -Partei reicht dafür nicht aus. Durch eine Schuldigsprechung im Fall des "WM-Planers" könnte ein Ausschluss des NPD-Vorsitzenden nun erleichtert werden.

Auch im Verteidigungsministerium hätte man nichts dagegen, Voigt loszuwerden. Hier wird der NPD-Chef noch als Reserveoffizier geführt. "Wir haben kein Bestreben, dass er in der Bundeswehr tätig bleibt", sagte ein Sprecher des Ministeriums zu sueddeutsche.de.

In dieser Angelegenheit hängt ein möglicher Ausschluss Voigts ebenfalls von dem Berliner Urteil ab: Laut Paragraph 53 des Soldatengesetzes könnte er bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren oder wegen "Hochverrat, Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates oder Landesverrat" ausgeschlossen werden. Falls der Anklage wegen Volksverhetzung stattgegeben wird, könnte Letzteres einen Ausschluss ermöglichen.

Das Urteil wird im April erwartet.

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