Prozess in Guantanamo:"Ich wünsche mir, als Märtyrer zu sterben"

Im Gefangenenlager Guantanamo hat der Prozess gegen fünf mutmaßliche Drahtzieher des 11. September begonnen. Der Hauptangeklagte forderte von den Militärrichtern die Todesstrafe.

Fast sieben Jahre nach den Anschlägen vom 11. September hat das erste US Gerichtsverfahren gegen mutmaßliche Drahtzieher der Al-Kaida-Attentate begonnen.

Prozess in Guantanamo: Hochsicherheits-Gericht: In der US-Marinebasis Guantanamo auf Kuba findet vor einem Militärgericht der Prozess gegen mutmaßliche Drahtzieher (auf der linken Seite) der Attentate vom 11. September 2001 statt.

Hochsicherheits-Gericht: In der US-Marinebasis Guantanamo auf Kuba findet vor einem Militärgericht der Prozess gegen mutmaßliche Drahtzieher (auf der linken Seite) der Attentate vom 11. September 2001 statt.

(Foto: Gerichtszeichnung: Reuters)

Der Hauptangeklagte Khalid Scheich Mohammed aus Pakistan nutzte seinen Auftritt vor dem Militärtribunal im US-Gefangenenlager Guantanamo am Donnerstag für ein Loblied auf den Islam und eine Verdammung der US-Kultur. Mit ihm stehen vier Angeklagte wegen des Mordes an 2973 Menschen vor dem Richter. Ihnen droht die Todesstrafe.

Mohammed erklärte, er freue sich auf den Tod. "Ich wünsche mir, als Märtyrer zu sterben", sagte das höchstrangige Al-Kaida-Mitglied in US-Gefangenschaft. Als der Vorsitzende Richter ihn fragte, ob er mit dem vom Gericht bestellten US-Anwalt einverstanden sei, erhob er sich von seinem Platz und begann auf Arabisch ein Lied zu singen, das er anschließend selbst ins Englische übersetzte: "Mein Schild ist Allah", hieß es darin.

Mohammed lehnte den US-Verteidiger mit der Begründung ab, dies widerspreche seiner Religion. Er kritisierte die USA für die Kriege in Afghanistan und Irak, die er als Kreuzzüge bezeichnete. Die Erlaubnis gleichgeschlechtlicher Ehen nannte er als Beispiel dafür, dass das Land den falschen Gesetzen folge.

In einer weißen Tunika und mit seinem Turban wirkte Mohammed alt und stattlich. Er trug einen langen buschigen grauen Bart und eine Brille aus dem Bestand der US-Armee. Allein Ramsi Bin al-Schibb, der vor den Anschlägen vom 11.September 2001 als Verbindungsmann zwischen den Attentätern und der Al-Qaida-Führung in Afghanistan agiert haben soll, wurde in Ketten in den Gerichtssaal geführt. Nach Angaben des US-Militärs soll er wiederholt Widerstand geleistet haben.

Die fünf Beschuldigten sind die ersten, die wegen einer direkten Beteiligung an den Anschlägen vom 11. September 2001 angeklagt sind. Sie wurden im September 2006 aus geheim gehaltenen Gefängnissen des US-Geheimdienstes CIA nach Guantanamo verlegt, wo die USA etwa 500 Terrorismus-Verdächtige als "feindliche Kämpfer" festhalten. Damit wird ihnen der rechtliche Schutz, den Soldaten oder Zivilisten genießen, verwehrt.

Die vom Militär gestellten Verteidiger hatten erst vor kurzem erstmals Gelegenheit, ihre Mandanten zu sprechen. Sie werfen der Regierung vor, die Verfahren zu beschleunigen, um die Präsidentenwahl im November zu beeinflussen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum das Verfahren kritisiert wird.

"Ich wünsche mir, als Märtyrer zu sterben"

Das Verfahren in dem Gerichtskomplex auf Guantanamo, von der Militärführung "Camp Justice" getauft, können jeweils 29 Augenzeugen verfolgen, die hinter Plexiglas im hinteren Teil des Saals sitzen. Falls nach Meinung des Richters die Gefahr besteht, dass die Angeklagten terrorverdächtige Botschaften an die Außenwelt oder bislang geheim gehaltene Erkenntnisse propagieren wollen, wird der Ton im Zuhörertrakt abgeschaltet.

Physische und psychische Zwänge

General Thomas Hartmann, im Pentagon zuständig für die Koordination der US-Militärkommissionen auf Guantanamo, bedauerte inzwischen, dass Hinterbliebene der Anschlagsopfer den Prozess nicht verfolgen können: "Das war ein Fehler, wir werden das ändern."

Kritik an den Militärverfahren wies Hartmann hingegen zurück: Der erste Prozess zur juristischen Aufarbeitung der Anschläge sei "fair, gerecht und transparent", erklärte er. Die Anwälte der Angeklagten bemängeln, dass das Gericht auch Beweise zulassen könne, die den Gefangenen unter physischen oder psychischen Zwängen abgerungen worden seien.

Alle Angeklagten hatten nach ihrer Ergreifung zum Teil jahrelang in geheimen CIA-Lagern gelebt und waren erst im September 2006 nach Guantanamo überstellt worden. Zumindest im Fall von Mohammed räumten die US-Behörden inzwischen ein, dass der Geheimdienst auch das "waterboarding" - bei dem Ertrinken simuliert wird - als Verhörmethode genutzt hatte.

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