Prozess gegen frühere Regierungschefin:Timoschenko in ukrainisches Krankenhaus eingeliefert

Julia Timoschenko ist schwer krank. Ein Hilfsangebot aus Deutschland hatte die Ukraine abgelehnt. Nun wurde die frühere Ministerpräsidentin aus einem Frauengefängnis in ein Krankenhaus verlegt. Dagegen hatte sie sich lange gesträubt.

2004 war sie weltweit das Gesicht der demokratischen Orangenen Revolution in der Ukraine, heute symbolisiert sie für viele den Kampf der Opposition gegen die Regierung: Die einstige Ministerpräsidentin ist am Freitag aus einem Frauengefängnis in ein ukrainisches Krankenhaus verlegt worden. Timoschenko ist seit einiger Zeit schwer erkrankt und leidet unter starken Rückenschmerzen. Am Freitagabend sei sie im Zentralen Klinischen Krankenhaus der ostukrainischen Stadt Charkow eingetroffen, teilte der ukrainischen Strafvollzugsdienst mit.

Julia Timoschenko

Wurde aus dem Frauengefängnis ins Krankenhaus verlegt: Die schwer erkrankte frühere ukrainische Ministerpräsidentin Julia Timoschenko.

(Foto: dpa)

Zwei Krankenwagen und vier Polizeiautos sollen Timoschenko am späten Freitagabend aus dem Frauengefängnis in Charkow abgeholt haben, berichteten Augenzeugen. Dort wird sie nach offiziellen Angaben so behandelt, wie es deutsche und ukrainische Ärzte vorgeschlagen hätten. Bislang hatte es Timoschenko abgelehnt, in das Krankenhaus nahe des Gefängnisses zu gehen. Die Klinik wird von der staatlichen ukrainischen Bahngesellschaft betrieben. Ein Angebot aus Deutschland, Timoschenko in der Berliner Charité behandeln zu lassen, hatten die ukrainischen Behörden abgelehnt.

Seit Donnerstag läuft in Charkow ein Verfahren gegen Timoschenko. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr vor, in den Jahren 1997 und 1998 öffentliche Gelder veruntreut und Steuern hinterzogen zu haben. Die 51-Jährige war damals Chefin eines staatlichen Energiekonzerns.

Zudem untersucht die Staatsanwaltschaft, ob Timoschenko an einem Auftragsmord beteiligt war. Bei einer Verurteilung drohen ihr zwölf Jahre Haft. Derzeit verbüßt Timoschenko bereits eine siebenjährige Gefängnisstrafe wegen Amtsmissbrauchs in ihrer Zeit als Ministerpräsidentin. Sie bestreitet alle Vorwürfe und sagt, der Prozess gegen sie sei politisch motiviert. Ihr Erzrivale Viktor Janukowitsch ist amtierender ukrainischer Präsident - Timoschenko hatte 2010 die Wahl gegen ihn verloren.

Auch die Europäische Union (EU) bezeichnete das Verfahren gegen Timoschenko als politisch motiviert. Die EU warnte, ihre Mitgliedsländer würden Verträge über eine politische Assoziation und freien Handel mit der Ukraine nicht unterzeichnen, solange Timoschenko in Haft sei.

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