Prozess:Der "enorme Bargeldbedarf" des Ex-Geheimagenten Werner Mauss

Lesezeit: 4 min

Werner Mauss vor Gericht in Bochum (Foto: AFP)
  • Die Anklage legt Ex-Geheimaget Werner Mauss Steuerhinterziehung in Höhe von 15 Millionen Euro zur Last.
  • Nun kommt dazu der Verdacht auf, dass Mauss noch in jüngster Zeit womöglich Dokumente gefälscht hat, um an Bargeld von seiner Bank zu kommen.
  • Mauss argumentiert, dass das ganze Geld ohnehin nie ihm gehört habe, sondern geheimen Geldgebern, die dadurch seine Agententätigkeit finanziert hätten.

Von Ralf Wiegand, Bochum

Es läuft nicht gut für die frühere Nummer eins unter den deutschen Geheimagenten, Werner Mauss. Vor dem Landgericht Bochum kämpft der 76-Jährige nicht nur seit September darum, vom Vorwurf der schweren Steuerhinterziehung frei gesprochen zu werden. Er kämpft auch um seinen Ruf: "Ich habe Kriminelle gejagt, ich bin kein Krimineller", sagt Mauss oft und sehr bestimmt, er sei immer rechtstreu gewesen. "Ich bin unschuldig!"

Mehr als 15 Millionen Euro soll er hinterzogen haben, legt ihm dagegen die Anklage zur Last. Das Gericht fordert seit Beginn des Prozesses belastbare Beweise von Mauss, dass dem nicht so ist. Keinen Zweifel lässt der Richter daran, dass er im Moment zu einer Verurteilung tendiert. Und nun, am zehnten Verhandlungstag, sind neue, schwere Zweifel an der Rechtschaffenheit des einstigen Kämpfers für Frieden und Freiheit aufgetaucht: Hat Werner Mauss noch in jüngster Zeit womöglich Dokumente gefälscht, um an Bargeld von seiner Bank zu kommen?

Diesen Verdacht legte der Zeuge Markus Kremer nahe, der bei der Bank UBS in Luxemburg unter anderem die Compliance verantwortet. Er ist der Mann für Recht und Anstand ist in dem Institut, bei dem Mauss sein enormes Vermögen angelegt hat. Kremer sagte aus, bis Oktober 2015 habe der prekäre Kunde - Mauss sei bei der UBS als PEP geführt worden, als "Politisch exponierte Person" - seine enormen Bargeldabhebungen stets mit Ausgaben für Baumaßnahmen an seinem Anwesen im Hunsrück begründet.

SZ PlusProzesse
:Der Spion, der sich liebte

Werner Mauss hält große Stücke auf: Werner Mauss. Erfolgreich sei er, edel und gut. Das hat Deutschlands berühmtester Spion jetzt vor dem Landgericht Bochum klargestellt.

Von Ralf Wiegand

Entsprechende Handwerkerrechnungen habe er vorgelegt, die Bank habe das Gelände mit Reithalle, Privat- und Gästehaus, drehbarem Pavillon und allerlei anderem Zubehör auch regelmäßig besichtigt. Die verbauten Millionenbeträge seien "absolut schlüssig" gewesen, das Vermögen auch immer eindeutig dem Kunden zuzuordnen gewesen. Bei der Bank hieß der Kunde Mauss, der viele Schein-Identitäten benutzte, Claus Möllner.

Erst im Oktober 2015, während der aktuellen Steuerturbulenzen, habe Mauss die Bank damit konfrontiert, die regelmäßigen Barabhebungen von rund 150 000 Euro zweimal monatlich seien gar nicht für Ausbauten ins Eigenheim geflossen, sondern in seine operativen Geschäfte als Agent. "Eine unangenehme Erfahrung" sei das für die Bank gewesen, sagte Kremer, dessen Institut sich solche Barabhebungen aus Gründen des Geldwäschegesetzes genau belegen lassen muss. Die Belege, die Mauss dafür jahrelang eingereicht hatte, sollten nun falsch sein, nur Schein, um den wahren Zweck zu verschleiern.

Vor Gericht argumentiert Mauss, dass das ganze Geld ohnehin nie ihm gehört habe, sondern geheimen Geldgebern, die dadurch seine Agententätigkeit finanziert hätten. Da es nicht sein Geld sei, habe er es auch nicht versteuern müssen. Die angeblichen Baumaßnahmen seien nur eine "Legende" gewesen, um die Bank bei den Barabhebungen mit den notwendigen Belegen versorgen zu können.

In diesem Zusammenhang gab der Zeuge nun aktuelle Vorwürfe und Verdächtigungen wieder, die Mauss in dem Verfahren schwer schaden können. Der ehemalige Privatagent, der für deutsche Behörden in den siebziger und achtziger Jahren unter anderem bei Geiselbefreiungen im Ausland eingebunden war, habe auch nach Oktober 2015 einen "enormen Bargeldbedarf" gehabt. Deshalb habe die Bank einen Nachweis verlangt, dass er tatsächlich noch operativ in seinem Geheim-Business tätig sei. Ohne Beleg kann eine Bank solch hohe Bargeldbeträge nicht auszahlen, wenn sie es mit der Compliance und den strengen Regeln zur Vermeidung von Geldwäsche ernst nimmt.

Mauss habe daraufhin tatsächlich zwei Schreiben geliefert, "eines vom Vatikan und eines vom österreichischen Justizministerium". Beide Dokumente habe die UBS aus Vorsicht der inzwischen eingeschalteten Geldwäsche-Behörde in Luxemburg, der FIU, weitergeleitet. Und die hätten dann der UBS geschrieben: Es bestünden nach ihren Recherchen "erhebliche Zweifel an der Echtheit" dieser Schreiben. "Dann war Schluss mit den hohen Bargeldbeträgen", sagte Kremer vor Gericht.

Es ist nicht das erste Mal, dass in dem Verfahren die Echtheit von Dokumenten angezweifelt wird, die Mauss als Beweise vorgelegt hat. Unterschriften angeblich ein und derselben Person hatten sich über den Lauf der Jahre demnach so stark verändert, dass der ohnehin sehr skeptische Vorsitzende sie nicht als von einer Hand geschrieben erkennen mochte. Auf einem Schreiben war in einem amtlich aussehenden Stempel der Name das Landes falsch geschrieben, aus dem es stammen sollte. Und dann tauchten sogar Schreiben unbekannter Herkunft mit offenkundig schlecht nachgemachtem BND-Briefkopf auf.

Prozess wegen Steuerhinterziehung
:Ex-Geheimagent Mauss kündigt Millionenzahlung ans Finanzamt an

Fast neun Millionen Euro will Werner Mauss zahlen. Den Vorwurf der Steuerhinterziehung bestreitet der Angeklagte aber weiterhin.

Die jetzt bekannt gewordenen Vorwürfe sind allerdings neu und waren nicht einmal der Staatsanwaltschaft bekannt. Nach Angaben des Zeugen Kremer sind bei der FIU offenbar in jüngerer Zeit zwei Geldwäsche-Verdachtsmeldungen im Zusammenhang mit Mauss/Möllner abgegeben worden; seines Wissens nach sei eine Ermittlung eingestellt worden, eine zweite Ermittlung laufe noch.

Mauss steht in Bochum enorm unter Druck. Schon vor Wochen hat das Gericht den Hinweis gegeben, der Argumentation des Angeklagten nicht folgen zu können. Mauss muss den Nachweis erbringen, dass das in Lebensversicherungen angelegte Vermögen (deren Begünstigte alle in seinem Familienkreis zu finden sind) tatsächlich nicht ihm gehört und nie ihm gehörte. Dabei werden Geldtransfers aus mehr als 30 Jahren untersucht. Angeblich wurde der Geheimfonds für den internationalen Schattenmann Mauss 1985 in Panama von mehreren westlichen Geheimdiensten und Regierungen gegründet und mit mehr als 20 Millionen Dollar ausgestattet. Das Geld hat sich durch extrem geschickte, hochriskante Anlagen munter vermehrt, Mauss' Vermögen wird heute auf 70 Millionen Euro geschätzt.

Belegen soll die Geheimbund-Theorie jetzt ein Zeuge, der aus dem Kreis dieser Treugeber stammen soll. Wer das ist, soll die Öffentlichkeit aber nie erfahren: Schon den Antrag auf Vernehmung dieses Zeugen "aus der Führungsebene eines ausländischen Geheimdienstes", sagte Mauss-Anwalt Rainer Hamm, wolle die Verteidigung nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit, "insbesondere der Medien", stellen. Leib und Leben des Zeugen, des Angeklagten sowie das Wohl des Staates seien ansonsten in Gefahr. Auch die eventuelle gerichtliche Debatte über diesen Antrag soll hinter verschlossenen Türen stattfinden, ebenso dann natürlich auch die Vernehmung selbst.

Das Gericht will erst am 20. Februar verkünden, ob es unter diesen Bedingungen überhaupt so weit in die geheime Welt des Geheimagenten Werner Mauss vordringen will.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusWerner Mauss
:Agenten-Legende vor Gericht

Werner Mauss war eine der geheimnisvollsten Figuren der alten Bundesrepublik. Nun muss er sich wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung verantworten.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: