Protestwahl in Italien:Politkomiker Beppe Grillo triumphiert

Das Votum galt als Stimmungstest: Die Italiener haben in mehreren Städten Bürgermeister gewählt, und die großen Gewinner sind erneut die Anhänger des Populisten Beppe Grillo. Nur gut die Hälfte der Wähler gab überhaupt eine Stimme ab.

Der Politkomiker und Populist Beppe Grillo hat bei den Bürgermeisterwahlen in 118 Städten und Gemeinden Italiens triumphiert. In Parma zog der Kandidat von Grillos "Fünf-Sterne-Bewegung", Federico Pizzarotti, mit 60 Prozent ins Rathaus ein, wie das Innenministerium in Rom mitteilte.

Protestwahl in Italien: Politkomiker und Populist: Beppe Grillo feiert mit seiner Bewegung "Fünf Sterne" Erfolge in Italien.

Politkomiker und Populist: Beppe Grillo feiert mit seiner Bewegung "Fünf Sterne" Erfolge in Italien.

(Foto: AFP)

Ebenfalls als Zeichen von Unzufriedenheit oder Resignation wurde die niedrige Wahlbeteiligung gewertet. Rund 51,4 Prozent der Stimmberechtigten gingen an die Urnen, in der ersten Wahlrunde vor zwei Wochen waren es noch 65,4 Prozent gewesen. Das Ministerium betrachtete bei diesen Zahlen allerdings nur 100 Kommunen auf dem Festland ohne Sizilien. Insgesamt waren etwa 4,5 Millionen Bürger zur Wahl aufgerufen. Im norditalienischen Erdbebengebiet konnte trotz Schäden auch an öffentlichen Gebäuden wie geplant gewählt werden.

Es war die erste Wahl seit dem Rücktritt von Ministerpräsident Silvio Berlusconi im vergangenen November. Sie galt auch als Stimmungstest für die Politik der Expertenregierung von Mario Monti. Grillo hat sich stets gegen Monti und die konventionellen Parteien gestellt. Er ging davon aus, dass seine Mitstreiter auch in drei weiteren Kommunen in die Rathäuser einziehen können, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtet. Dort lagen jedoch die Ergebnisse zunächst noch nicht vor. Insgesamt waren "Grillini" in fünf Kommunen in die Stichwahl gekommen.

In Palermo gewann wie erwartet der populäre Politiker Leoluca Orlando von der IdV (Italien der Werte), die ebenfalls gegen Monti ist. Orlando, der als Kämpfer gegen die Mafia bekannt geworden war, stand schon dreimal an der Spitze der sizilianischen Stadt und erhielt nach Auszählung praktisch aller Stimmbezirke 72,4 Prozent. In Genua gewann wie erwartet der linke Amtsinhaber Marco Doria, der für die Mitte-Links-Partei PD (Demokratische Partei) angetreten war.

Grillos Bewegung hatte schon im ersten Wahlgang vor zwei Wochen beachtliche Erfolge eingefahren. In Verona kam sie auf fast 10 Prozent und in Grillos Heimatstadt Genua auf 14 Prozent. Verlierer waren die bis vor wenigen Monaten regierenden Rechtsparteien PdL (Volk der Freiheit) und die rechtspopulistische Lega Nord. Die Lega wird von einem Skandal um verschwundene Parteigelder und Korruption erschüttert. Die Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem gegen den Parteigründer Umberto Bossi und seine beiden Söhne Riccardo und Renzo.

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