Proteste während des Confed-Cups:Rousseffs Reformversprechen lassen Brasilianer kalt

Zehntausende demonstrieren in Brasilien abermals gegen Korruption und Misswirtschaft in dem Land

Auch in São Paulo zogen am Samstagabend erneut 35.000 Menschen durch die Straßen.

(Foto: AFP)

Die Präsidentin Brasiliens verspricht Reformen, doch die Demonstranten scheint das wenig zu interessieren. Abermals gehen Zehntausende auf die Straße. In manchen Städten eskaliert die Lage.

Trotz Reformversprechen von Präsidentin Dilma Rousseff gehen die Sozialproteste in Brasilien unvermindert weiter. 70.000 Demonstranten gingen am Samstagabend alleine in der südöstlichen Stadt Belo Horizonte auf die Straße, bei gewaltsamen Zusammenstößen wurden dabei laut Medienberichten 15 Menschen verletzt. Drei von vier Brasilianern unterstützten nach einer Umfrage die Protestbewegung; als wichtigster Grund wurden die hohen Kosten für den öffentlichen Verkehr genannt.

Präsidentin Rousseff hatte sich zuvor erstmals seit Beginn der Unruhen vor anderthalb Wochen geäußert. Sie rief ihre Landsleute zur Einheit auf. Zugleich versprach sie in der Fernsehansprache mehr Anstrengungen gegen die grassierende Korruption sowie einen "großen Pakt" zur Verbesserung der öffentlichen Dienstleistungen. Die Regierung werde aber nicht einfach zusehen, wenn öffentliches und privates Gut zerstört werde, warnte sie.

Doch die Brasilianer ließen sich davon wenig beeindrucken "Die WM für wen?", skandierten zehntausende Menschen in Belo Horizonte. Sie brachten damit ihre Wut über die Milliardenausgaben für die Ausrichtung der Fußballweltmeisterschaft in einem Jahr zum Ausdruck. Die Polizei feuerte Tränengas auf steinewerfende Demonstranten, die in den Sicherheitsbereich um das Stadion Mineirao eindringen wollten, wo Mexiko in der Confederatinos-Cup-Partie 2:1 gegen Japan gewann.

"Wir sind gegen die WM, weil sie die Probleme unseres Landes maskiert", sagte einer der Demonstranten. Die Fernsehansprache Rousseffs tat er als Rhetorik ab, weil keine konkreten Zusagen gemacht worden seien.

Auch in São Paulo zogen am Samstagabend erneut 35.000 Menschen durch die Straßen. Sie protestierten friedlich gegen eine geplante Verfassungsänderung, die die Befugnisse unabhängiger Staatsanwälte beschneiden würde. Eine Maßnahme, die als Rückschritt bei der Bekämpfung der Korruption wahrgenommen wird. In der Universitätsstadt Santa Maria, wo im Januar fast 250 Jugendliche beim Brand einer Disco ums Leben gekommen waren, protestierten 30.000 Menschen gegen die als unfähig wahrgenommenen Behörden.

Laut einer von der Zeitschrift Epoca veröffentlichten Umfrage unterstützten 75 Prozent der Befragten die Massenproteste. 77 Prozent gaben an, die teuren Fahrkarten für einen herabgewirtschafteten öffentlichen Verkehr seien das Hauptmotiv für ihren Ärger. Die politische Klasse gaben 47 Prozent als Grund an, 33 Prozent nannten die Korruption.

Obwohl die hohen Ausgaben für die WM viele Brasilianer wütend machen, stehen 67 Prozent der Bevölkerung des fußballbegeisterten Landes hinter der Ausrichtung.

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