Proteste vor G-20-Gipfel:Im Protestcamp ist Schlafen verboten

  • Seit Wochen wird darüber gestritten, wo die G-20-Protestler in Hamburg übernachten dürfen.
  • Nach einigen Diskussionen wurde ihnen der Elbpark Entenwerder zugewiesen, eine grüne Halbinsel am Fluss. Doch das Camp räumte die Polizei.
  • Der Einsatz der Polizei ist umstritten.

Von Peter Burghardt, Hamburg

Als die Absage des Königs von Saudi-Arabien in Hamburg eintrifft, zimmern Gegner dieses G 20 gerade auf einer Wiese an ihrem Feldlager und überlegen, wie sie die Nacht verbringen. "We are here and we will camp", steht auf einem Zelt. "Für einen bunten internationalen & kreativen Protest", ist auf einem Transparent zu lesen. Dieser Gipfel produziert doch sehr unterschiedliche Bilder und Meldungen, andererseits gehört alles zusammen. Dabei geht es auch um diese Fragen: Wer schläft wann wo? Wer darf wo schlafen?

Seine Majestät Salman also wird nicht zum Treffen der wichtigsten Regierungschefs am Donnerstag und Freitag in die Hansestadt reisen. Er bleibe wegen der Krise mit dem Golfstaat Katar zu Hause, heißt es. Außerdem ist der Monarch 81 Jahre alt. Finanzminister Mohammed al-Dschadan soll ihn vertreten. Man wird sehen, was das für die offenbar 400 Zimmer der Scheichs bedeutet. Unter anderem wurde das gesamte Hotel Vier Jahreszeiten an der Binnenalster für die saudische Delegation gebucht und teilweise wunschgemäß umgebaut. Sogar der Thron sollte mitkommen, das Möbel bleibt ohne den Herrscher Salman nun wohl fern.

Dafür treffen sich Donald Trump und Wladimir Putin zu ihrem ersten Gespräch seit Trumps Amtsantritt, die Begegnung der Präsidenten aus den USA und Russland soll am Rande dieser Konferenz in den Messehallen stattfinden. Auch könnte Trump wegen Angela Merkel bereits am Donnerstag eintreffen, am Abend ereignet sich die Großdemo mit dem Titel "Welcome to hell". Der Amerikaner steigt angeblich im Gästehaus des Senats an der Außenalster ab, als Ehrengast der rot-grünen Stadtregierung sozusagen, vielleicht auch doch woanders. Und wo übernachten diese Camper gegen G 20 und das Finanzsystem?

Darüber wird seit Wochen gestritten, es ist ein Wettkampf zwischen Polizeirecht und Versammlungsrecht. Erst war der Stadtpark als Quartier für das "Antikapitalistische Camp" geplant gewesen. Nein, sagte die Polizei. Doch, sagte das Bundesverfassungsgericht, räumte der Stadt indes ein, das Zeltlager in eine andere Gegend verlegen zu lassen. Als Ersatzort wurde der Elbpark Entenwerder zugewiesen, eine grüne Halbinsel am Fluss, dort gibt es jetzt den ersten größeren Ärger vor G 20.

Am späten Sonntagabend griffen Polizisten mit dem Argument zu, dass auf dem Areal keine Übernachtungen genehmigt seien. Beamte bauten elf Schlafzelte ab und brachten auch Pfefferspray zum Einsatz; es gab eine Festnahme und Verletzte. Den Eilantrag der Camper wies das Verwaltungsgericht ab. Polizei und Verfassungsschutz erläutern, dass die Wortführer der gewaltbereiten Szene zuzuordnen seien und ein Nachtcamp die Sicherheit gefährden würde. Polizeisprecher Timo Zill sagt, dass man 7000 bis 8000 Linksextremisten zum G-20-Treffen erwarte und bei Hausdurchsuchungen Zwillen und Ähnliches gefunden habe. Inzwischen wurde das Wohnhaus der Zweiten Bürgermeisterin Katharina Fegebank, einer Grünen, mit roter Farbe beschmiert.

Doch der Einsatz der Polizei bleibt umstritten. Aufregung und Verwirrung sind groß. Am Tag danach stehen neun Mannschaftswagen der Polizei an der Einfahrt zum Elbpark Entenwerder, und ein Hubschrauber kreist. Unten auf dem durchaus idyllischen Gelände stellen ein paar Widersacher weitere Versammlungszelte für Workshops (erlaubt) und Plakate auf und beraten die Lage. Es geht auch um veganes Essen und Feminismus, aber besonders gegen das System. "Eingekesselt" worden sei man von der Polizei, klagt eine Demonstrantin. Eine "absolute Eskalation" sei das, zum Glück sei man selbst ruhig geblieben. Dabei gehe es nur um Schlafstätten und Diskussionsforen, sagt sie.

Vor Kameras dreht sie ihr Gesicht weg. Ein Mitstreiter, der sich Frank nennt, schimpft auf den Einsatzleiter der Polizei, Hartmut Dudde. Da werde gegen ein Grundrecht verstoßen. "Aber die Leute werden trotzdem anreisen", zum Treffen einer weltweiten Polit-Elite kämen halt auch Protestierer aus aller Welt. Zu den Logistikern des Protestlagers gehört ein Franzose, der schon beim umkämpften G-8-Gipfel 2001 in Genua dabei war. Plätze könnten besetzt werden, wenn die Stadt keine Fläche zur Verfügung stellt, ist am Nachmittag zu hören. "Wir sind ja nicht unkreativ", sagt Frank. Notfalls wären ohne den saudischen König Salman wieder Hamburger Hotelbetten frei.

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