Proteste in Teheran:Pulverfass Iran

Die Opposition zieht durch Teheran, die Ayatollahs fordern Dialog, selbst die Armee hadert mit Einsätzen gegen das Volk: Die Machtbasis des Regimes wird immer schmaler.

Rudolph Chimelli

Wenn die Informationssplitter aus Iran über die Demonstrationen zum Trauertag Aschura überhaupt ein Fazit erlauben, dann dies: Das Fußvolk überholt die Anführer des Protests.

Iran Protest Gewalt Teheran Oppositionelle AFP

V für Victory: Eine blutbefleckte oppositionelle Demonstrantin reckt die Finger zum Siegeszeichen

(Foto: Foto: AFP)

Abgerissene Plakate des geistlichen Führers Ali Chamenei und Sprechchöre, die dem Diktator den Tod wünschen, entsprechen nicht den Parolen der beiden Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi und Mehdi Karrubi. Diese stehen nun vor einem Dilemma.

Wenn sie dabei bleiben, dass sie die Institutionen der Islamischen Republik grundsätzlich anerkennen und ihren politischen Widerspruch legal geltend machen wollen, dann könnten ihnen die Gefolgsleute davonlaufen.

Denn viele der Unterstützer wollen inzwischen etwas anderes: den Regimewechsel.

Übernähmen Mussawi und Karrubi die Forderung nach Regimewechsel, dann träfe sie der Blitzstrahl der Justiz. Sie würden mutmaßlich vor Gericht gestellt, was Radikale längst fordern.

Von solchen Widersprüchen profitieren die Machthaber freilich nicht. Ihre Vertrauensbasis wird schmäler.

Von den großen Ayatollahs in Ghom steht nur noch einer auf ihrer Seite. Eine Gruppe prominenter Kleriker hat Chamenei in einem vertraulichen Schreiben zum Dialog mit Mussawi und Karrubi aufgefordert.

Ein anderes Papier, angeblich verfasst von Kommandeuren der regulären Streitkräfte, soll davor gewarnt haben, die Armee gegen das Volk einzusetzen.

Viele der Eingekerkerten hätten mehr für die Revolution getan als ihre Verhörbeamten, sagt der ehemalige Reformpräsident Mohammed Chatami.

Innerhalb des Regimes sind viele unzufrieden, dass nicht mehr Turbane, sondern die Militärdrilliche der Pasdaran das Bild Irans bestimmen.

Bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften in mehreren iranischen Städten wurden nach Berichten regierungskritischer Websites mindestens acht Menschen getötet, darunter auch ein Neffe von Oppositionsführer Mussawi. Weitere Videos finden Sie hier

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