Proteste in Italien:Hunderttausende gegen Berlusconi

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Unter dem Motto "Ein anderes Italien ist möglich" haben Hunderttausende Italiener gegen die rechtsgerichtete Regierung von Silvio Berlusconi demonstriert. Es war eine der größten Kundgebungen der vergangenen Jahre.

Hunderttausende Italiener haben am Samstag in Rom gegen die Politik der konservativen Regierung von Ministerpräsident Silvio Berlusconi demonstriert. Unter dem Motto "Ein anderes Italien ist möglich" nahmen zwei Demonstrationszüge ihren Weg durch die italienische Hauptstadt und vereinigten sich später zu einer Großkundgebung.

Ein Meer aus grünen und roten Fahnen: Zwischen 200.000 und zweieinhalb Millionen Italiener machten in Rom ihrem Unmut über die rechtsgerichtete Berlusconi-Regierung Luft. (Foto: Foto: dpa)

Zu der Großkundgebung hatte die größte Oppositionspartei im Parlament, die von Walter Veltroni geführte Demokratische Partei (PD), aufgerufen. Sie wirft der Regierung unter anderem eine unsoziale Familienpolitik und verfehlte Finanzpolitik vor. Die Organisatoren schätzten die Zahl der Teilnehmer, die sich auf dem Gelände des antiken Circus Maximus versammelt hatten, auf zweieinhalb Millionen. Die Polizei sprach von 200 000.

Oppositionsführer Walter Veltroni sprach von der "größten von einer Partei organisierten Demonstration seit mehreren Jahren". Sie sei gegen eine Regierung gerichtet, "die die Probleme des Landes nicht löst". Die Beteiligung an dieser "demokratischen und friedlichen Kundgebung" sei stärker als erwartet.

"Die Demokratie ist kein Verwaltungsrat", rief der Oppositionsführer an die Adresse des Medienzars und Milliardärs Berlusconi. Veltroni setzte sich für Reformen und für Steuersenkungen ein. Die Opposition müsse Berlusconi eine Politik der Legalität, Solidarität und Verantwortung entgegensetzen.

Nach einer Großkundgebung der radikalen Linken am 11. Oktober hatte nun Veltronis Demokratische Partei zu der Demonstration aufgerufen. Sie ließ ihre Anhänger in unzähligen Bussen aus ganz Italien nach Rom bringen. Das antike Zentrum der Hauptstadt glich einem Meer aus grünen und roten Fahnen und Ballons, den Farben der Partei. "Das ist der Beweis, dass die Demokratie lebendig ist", sagte Veltroni vor Journalisten. Trotz optimistischer Erwartungen habe seine Partei nicht mit einer derartigen Beteiligung gerechnet. Seit Wochen demonstrieren in Italien außerdem Schüler und Studenten gegen eine Schul- und Universitätsreform mit Milliarden-Einsparungen.

Bei der Parlamentswahl im April hatte die Demokratische Partei, die erst im Herbst 2007 aus einer Fusion von Ex-Kommunisten und linken Katholiken entstanden ist, eine herbe Schlappe erlitten. Außerdem sind erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg keine Kommunisten und Sozialisten mehr im italienischen Parlament vertreten. Nun versucht die italienische Opposition, wieder Tritt zu fassen. Behindert auch durch Streit im eigenen Lager, sucht sie nach einem wirksamen Hebel gegen die Politik der rechten Regierung, die zahlreiche Maßnahmen per Dekret im Eilverfahren durchbringt.

Noch scheint der Erfolg Silvio Berlusconis jedoch ungebrochen: In einer Umfrage von Mitte September verbuchte der Cavaliere weiterhin eine hohe Zustimmungsrate von 60 Prozent, die Opposition kam hingegen nur auf zwischen 20 und 30 Prozent.

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