Proteste in Iran:Friedensnobelpreisträgerin fordert Neuwahlen

Nobelpreisträgerin Schirin Ebadi hat sich dafür ausgesprochen, die umstrittene Präsidentenwahl in Iran für ungültig zu erklären. Derweil wird das Freitagsgebet des geistlichen Führers Chamenei mit Spannung erwartet.

Die iranische Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi hat sich nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl in ihrem Heimatland dafür ausgesprochen, den Urnengang für ungültig zu erklären. Die Wahl müsse unter Beobachtung internationaler Organisationen neu abgehalten werden, schrieb die Juristin und Menschenrechtsaktivistin in einer Kolumne für die US-Online-Zeitung Huffington Post.

Proteste in Iran: Die Proteste dauern an: Am Donnerstag demonstrierten erneut Hunderttausende auf den Straßen Teherans.

Die Proteste dauern an: Am Donnerstag demonstrierten erneut Hunderttausende auf den Straßen Teherans.

(Foto: Foto: Getty Images)

Ebadi rief dazu auf, alle in den vergangenen Tagen im Zusammenhang mit Protesten gegen das Wahlergebnis Festgenommenen und Inhaftierten bedingungslos freizulassen. Außerdem müssten die Polizei und die Präsident Ahmadinedschad ergebenen Freiwilligenmilizen der Bassidsch Anweisungen bekommen, keine Gewalt gegen Demonstranten anzuwenden.

Nach tagelangen Protesten der iranischen Opposition gegen die ihrer Meinung nach gefälschte Wiederwahl Ahmadinedschads wird an diesem Freitag mit Spannung das Freitagsgebet des obersten Führers des Landes, Ajatollah Ali Chamenei, erwartet.

Gespanntes Warten

Nach Ansicht von Beobachtern wird er sich dabei zur Situation äußern. Chamenei hat umfassende Machtbefugnisse und das letzte Wort bei allen politischen Entscheidungen im Gottesstaat. Bislang hatte sich Chamenei hinter den Staatschef gestellt. Wegen des Gebets sind heute keine weiteren Proteste geplant.

Präsident Ahmadinedschad relativierte unterdessen seine scharfe Kritik an den Demonstrationen der Opposition. In einer am Donnerstagabend im iranischen Fernsehen gesendeten Erklärung sagte er, jeder einzelne Iraner sei wertvoll. "Die Regierung ist jedermann zu Diensten. Wir mögen jeden", sagte er nach der vierten Massenkundgebung in Teheran in Folge.

Bei Protesten mit gewaltsamen Ausschreitungen in den Tagen zuvor hatte er Demonstranten als Staub bezeichnet und mit schlechten Verlierern nach einem Fußballspiel verglichen. "Ich habe nur die Leute gemeint, die randalierten, Feuer gelegt und Personen angegriffen haben", sagte er in der TV-Aufzeichnung.

Hunderte Beschwerden beim Wächterrat

Am Donnerstag waren erneut Hunderttausende im Zentrum Teherans für Neuwahlen auf die Straße gegangen. Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi kündigte für Samstag eine weitere Großkundgebung an.

Der Wächterrat lud unterdessen die drei unterlegenen Kandidaten der umstrittenen Präsidentschaftswahl für Samstag ein, an einer Prüfung der Wahlergebnisse teilzunehmen, meldete der staatliche Rundfunk. Dem Wächterrat liegen nach eigenen Angaben inzwischen 646 Beschwerden gegen das Ergebnis der Präsidentenwahl vor.

Nach Angaben von Augenzeugen hatten sich die Demonstranten am Donnerstag auf dem riesigen zentralen Imam-Khomeini-Platz versammelt, noch in den umliegenden Straßen habe Gedränge geherrscht. In einer Rede forderte Mussawi seine Anhänger auf, am Samstagmittag wieder auf die Straße zu gehen.

In Sprechchören forderten die Demonstranten Neuwahlen. Das Ergebnis der Wahlen, die Ahmadinedschad nach offiziellen Angaben mit knapp 63 Prozent klar gewonnen hat, sei gefälscht.

Schwarz und grün

Für Samstag hat auch eine Gruppe von islamischen Klerikern eine Demonstration in Teheran angemeldet. Mussawi und der reformorientierte frühere Präsident Mohammed Chatami hatten angekündigt, an dieser Kundgebung teilnehmen zu wollen.

Viele Demonstranten trugen als Zeichen der Trauer für die in den Vortagen Getöteten Schwarz und - als Zeichen für den angestrebten Wandel - grüne Bänder. Mussawi hatte seine Anhänger aufgerufen, öffentlich um die Toten der vergangenen Tage zu trauern.

Nach Angaben der erst kürzlich von der EU-Terrorliste genommenen iranischen Oppositionsbewegung Volksmudschaheddin wurden bei den bisherigen Kundgebungen 43 Menschen getötet, allein 30 davon in Teheran. Von unabhängiger Seite konnten diese Zahlen allerdings nicht bestätigt werden. In bisherigen Berichten aus Teheran war von mindestens acht Toten bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften die Rede.

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