Enthauptung von zweiter US-Geisel:Weißes Haus bestätigt Echtheit des IS-Videos

Die IS-Milizen in Syrien und dem Irak haben ein Video veröffentlicht, auf dem die Ermordung einer zweiten US-Geisel zu sehen ist. Die US-Regierung erklärt, das Video sei authentisch. Der ermordete Steven Sotloff hatte als Reporter aus Syrien berichtet und war vor einem Jahr entführt worden.

  • Die US-Regierung bestätigt die Echtheit eines Videos der IS-Milizen, das die Ermordung des US-Reporters Steven Sotloff zeigt.
  • Britische und US-Politiker bezeichnen die Tat als "brutal" und "verachtenswert".
  • In Bagdad stürmen wütende Angehörige vermisster irakischer Sicherheitskräfte das Parlament. Sie wollen wissen, was mit den Soldaten und Polizisten passiert ist, die sich im Juni IS-Kämpfern ergeben hatten.
  • Amnesty International berichtet von "systematischen ethnischen Säuberungen" durch die IS im Nordirak. Augenzeugen berichten von Massakern an Hunderten Männern, Frauen und Kindern.

US-Regierung bestätigt Echtheit von Enthauptungsvideo

Das Weiße Haus hat die Echtheit eines Videos der Dschihadistengruppe Islamischer Staat (IS) betätigt, auf dem die Hinrichtung des US-Journalisten Steven Sotloff zu sehen ist. Das Video war am Dienstag im Internet aufgetaucht. Eine Analyse durch Geheimdienstexperten habe nun erbracht, dass das Video authentisch sei, sagte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates, Caitlin Hayden.

Sotloff war im vergangenen Jahr im Norden Syriens verschleppt worden. Vergangenen Monat hatten die IS-Kämpfer bereits den US-Journalisten James Foley enthauptet und am 19. August ein Video von der Tat ins Internet gestellt. Anschließend hatten die Dschihadisten auch mit der Ermordung von Sotloff gedroht, sollten die USA ihre Luftangriffe auf IS-Stellungen im Nordirak nicht einstellen. Diese Drohung machten sie nun war, der Titel des neuen Videos lautete: "Zweite Botschaft an die Amerikaner."

Islamismus-Experten stoßen auf IS-Video

Die Website "Site", die Online-Aktivitäten von Islamisten überwacht, hatte zuerst von dem Video berichtet. Die Islamisten warnen in dem Video andere Staaten davor, zusammen mit den USA gegen die Miliz vorzugehen. Zudem drohen die Kämpfer am Ende des Videos damit, eine weitere Geisel zu ermorden. Dabei soll es sich um einen britischen Entwicklungshelfer handeln.

Der britische Terrorexperte Shiraz Maher erklärte auf Twitter, dass der IS-Kämpfer, der in dem Video zu sehen ist, identisch sei mit dem mutmaßlichen Mörder des US-Journalisten James Foley. Im August hatte die Gruppe ein Video veröffentlich, auf dem die Enthauptung Foleys zu sehen sein soll.

Reaktion in den USA und Großbritannien

Das US-Außenministerium teilte mit, dass die Echtheit des Videos mit dem Titel "Zweite Botschaft an Amerika" geprüft werde. "Wenn es echt ist, dann sind wir angewidert von diesem brutalen Akt", sagte die Außenamtssprecherin Jen Psaki. "Unser Mitgefühl gilt Sotloffs Familie".

Großbritanniens Premierminister David Cameron bezeichnete die Enthauptung des Journalisten durch die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) als "absolut ekelhafte, verachtenswerte Tat".

Protest richtet sich gegen irakisches Parlament

Wütende Angehörige vermisster Mitglieder der irakischen Sicherheitskräfte stürmten am Dienstag das Parlament in Bagdad. Die Menge sei in das Gebäude eingedrungen, habe Abgeordnete angegriffen und einen Sitzstreik im Sitzungssaal begonnen, sagte ein offizieller Vertreter, der sich zum Zeitpunkt des Angriffs in dem Gebäude aufhielt.

Irakische Bereitschaftspolizisten gingen den Angaben zufolge gegen die Protestierenden vor, die Aufklärung über das Schicksal von Soldaten und Polizisten verlangten, die sich im Juni den vorrückenden Dschihadisten der radikalsunnitischen Gruppe Islamischer Staat (IS) ergeben hatten. Damals tötete die Terrormiliz etwa 1700 Soldaten und veröffentlichte Videos der Taten im Internet.

Menschenrechtsorganisation Amnesty wirft IS ethnische Säuberungen vor

Die radikale Dschihadisten-Miliz "Islamischer Staat" (IS) betreibt nach einem Bericht von Amnesty International im Nordirak eine Kampagne der "systematischen ethnischen Säuberungen". Minderheiten wie die Jesiden, Christen oder schiitische Turkmenen würden systematisch ausgelöscht, sagte Amnesty-Vertreterin Donatella Rovera, die sich derzeit in der Region aufhält. Ziel des IS sei es, "alle Spuren von Nichtarabern und nichtsunnitischen Milizen zu beseitigen", erklärte Amnesty.

In dem Bericht der Menschenrechtsorganisation kommen mehrere Überlebende von Massenhinrichtungen zu Wort. Deren Aussagen zufolge wurden allein am 3. und 15. August Hunderte Männer und Jungen aus den beiden Jesiden-Dörfern Kinije und Kocho umgebracht. Nur mit einigem Glück überlebten die Brüder Sajed und Chaled das Massaker, sieben weitere Brüder von ihnen wurden getötet. Sajed sei dreimal ins linke Knie sowie jeweils einmal in Hüfte und Schulter geschossen worden, berichtete Amnesty.

Salem, ein weiterer Augenzeuge, erzählt, wie er sich zwölf Tage lang verstecken konnte, während vor seinen Augen Verletzte starben. "Einige konnten sich nicht mehr bewegen, sie lagen in Qualen da und warteten auf ihren Tod. Sie starben einen schrecklichen Tod". Ein muslimischer Nachbar habe ihm geholfen, bis er schließlich flüchten konnte.

Amnesty zufolge verschleppten IS-Milizionäre auch Tausende Frauen und Kinder, Zehntausende flüchteten aus Angst um ihr Leben. In einem Fall habe eine Familie 45 vermisste Angehörige gemeldet. Amnesty-Vertreterin Rovera forderte die irakische Regierung auf, alle Verantwortlichen zu verfolgen und zur Rechenschaft zu ziehen.

IS erklärt Teile Syriens und des Nordiraks zum "Kalifat"

Die radikale sunnitische Gruppierung "Islamischer Staat" hatte im Juni bei einer Blitzoffensive Teile von fünf Provinzen im Nordirak in ihre Gewalt gebracht. Gemeinsam mit den von ihr in Syrien kontrollierten Gebieten erklärte die Miliz sie zum islamischen "Kalifat" und errichtete ein Terrorregime mit öffentlichen Enthauptungen, Kreuzigungen und Steinigungen. Einem Bericht der BBC zufolge erwägt eine mit den afghanischen Taliban verbündete Gruppierung, sich dem IS anzuschließen. "Wir warten, um zu sehen, ob sie die Voraussetzungen für ein islamisches Kalifat erfüllen", sagte demnach ihr Kommandant. Für diesen Fall sei die Führung der Gruppe bereit, ihre Gefolgschaft zu verkünden.

Australischer Premier vergleicht IS mit Nazis

Der australische Premierminister Tony Abbott kündigte an, schon in wenigen Tagen mit Waffenlieferungen an die kurdischen Kämpfer zu beginnen. Die Grausamkeit der "IS"-Kämpfer rechtfertige es, sie mit aller Macht zu bekämpfen, sagte Abbott dem Rundfunksender 2GB. Er verglich die Gräueltaten mit denen der "Nazis und Kommunisten". Im Gegensatz zu deren Versuchen, ihre Schandtaten zu verbergen, zeige der IS sie aber noch voller Stolz im Internet. Nach einem Zeitungsbericht kam eine australische Transportmaschine unter Beschuss, als sie Hilfslieferungen über der Stadt Amerli abwarf.

In Deutschland hat der Bundestag mit den Stimmen der Koalition bereits Waffenlieferungen an die Kurden im Nordirak beschlossen, um die Kämpfer der IS zurückzudrängen.

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