Oskar Roehler, Regisseur:
"Es wäre unrealistisch, sich zu wünschen, dass Europa jünger wird, da es alt ist und sich an dieser Tatsache nichts ändern läßt. Die eigene Kulturhoheit haben die verschiedenen Länder längst zugunsten des Primats der amerikanischen Kultur aufgeben müssen. Also ist es für eine Abkehr vom Westen, wie sie Heidegger einst gepredigt hat, zu spät?
Wohin sollen wir uns orientieren? An den Golfstaaten oder an China? Amerika hat uns lange, lange glücklich gemacht, aber dieses Biedermeier gibt es nicht mehr. Also wieder die Todessehnsucht, die Hauptantriebskraft unserer Kultur, unserer Musik und Literatur? Was haben wir kulturell mit den Franzosen gemeinsam und mit ihrem kritischen Geist? Es wäre für einen Greis lächerlich, die Jugend nachzuahmen - und unsere greisen Kulturnationen wissen das auch. Was bleibt ist Selbstgefälligkeit und ein gewisser seniler Trotz. Woher wissen wir, ob wir überhaupt noch in der Moderne ankommen können - vor allem, wenn sie Barbarei bedeutet. Wollen wir das? Wollen wir überhaupt lernen? Wäre ein sanfter Tod nicht das Wünschenswerteste, was es gibt - friedlich einschlafen und nicht mehr aufwachen? Das wäre doch ein adäquater Wunsch."
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(sueddeutsche.de/jab)