Profil:Virginia Raggi

Virginia Raggi Roma 25 02 2016 Stampa Estera Conferenza stampa del Candidato sindaco di Roma del Mo

Virginia Raggi, Fünf-Sterne-Römerin im Sturm auf das Kapitol.

(Foto: imago)

Die junge Fünf-Sterne-Römerin will das Kapitol stürmen.

Von Oliver Meiler

Ihre Biografie passt in einen kurzen Absatz, ihre politische Erfahrung ist nur einige Jahre alt. Da verwundert es , dass die Römerin Virginia Raggi plötzlich ein Politstar ist. Über Nacht, aus dem Nichts. Wenn nicht alle Anzeichen täuschen, dann hat diese junge Anwältin, 37 Jahre alt, große Chancen, Roms neue Bürgermeisterin zu werden. Die Spezialistin für Copyright und Patentrecht wäre die erste Frau in diesem Amt. Und sie wäre die erste Vertreterin der Protestpartei Movimento Cinque Stelle, die eine ganz große italienische Stadt regieren würde; zudem eine schier unregierbare wie Rom, gezeichnet von Skandalen und Dekadenz, von Korruption und Missmanagement rechter wie linker Verwalter.

Noch ist Virginia Raggi erst Kandidatin, und die Wahlen haben noch keinen festen Termin. Wahrscheinlich Mai oder Juni. Erkoren wurde Raggi von 1764 Parteimitgliedern in einer Onlineumfrage auf dem Blog des Komikers Beppe Grillo. So machen sie das bei den Cinque Stelle - Demokratie per Maus-Click. Im Gegensatz zu ihren internen Rivalen hatte die frühere Gemeinderätin Roms den Vorteil, dass einige Größen der Partei zu ihrer Wahl aufgerufen hatten.

Nun schickt man sie in alle Fernsehsendungen, damit sich das große Publikum an ihr Gesicht gewöhnt. Vor einigen Tagen war sie bei Bruno Vespa, dem scheinbar ewigen Talkmaster im Land. Wer mal in einem der weißen Ledersessel von Vespas Fernsehsendung "Porta a Porta" gesessen hat, ist oben angekommen. Oder wenigstens prominent. Raggi wirkte frisch und entschlossen, erstaunlich souverän. In ihrem Repertoire führt sie schon einige Paradesätze, die sie wie Slogans aneinanderreiht: "Rom ist verheert", sagt sie dann, nichts funktioniere mehr. Der öffentliche Verkehr, der Zustand der Straßen, der Umgang mit dem Abfall - eine einzige Katastrophe. "Wir verdienen eine bessere Stadt", sagt Raggi, "befreien wir sie von der Schande." Für fremde Ohren hört sich das drastisch an. Doch es trifft die Meinung der meisten Römer, wenn nicht aller.

Nie war es leichter, das "Campidoglio" einzunehmen, wie die Römer ihren Hügel der Macht nennen, das Kapitol, auf dem das Rathaus steht. Unerfahrenheit ist diesmal sogar ein Plus. Raggi kann mit Recht behaupten, dass sie nicht dem Establishment entstammt, in dem Mafia Capitale gewachsen ist, ein Geflecht korrupter Beamter, Politiker und Unternehmer. Die Gegner haben trotzdem versucht, sie zu diskreditieren. Es hieß, sie habe in einer Anwaltskanzlei gearbeitet, die auch Silvio Berlusconi verteidigt habe. Es stellte sich dann heraus, dass sie dort nur ein Praktikum absolviert hatte, während des Studiums. "Wie viel Angst ich euch doch mache", sagte Raggi schnippisch.

Furchtfrei sind auch die Cinque Stelle nicht. Rom wäre der Testfall für die Partei. Würde sie an Rom scheitern, hielte man sie wohl auch für unfähig, jemals Italien zu regieren. Darum geht es in dieser Geschichte. Und darum ist Virginia Raggi nun ein Politstar. Aus dem Nichts.

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