Profil:Viktor Solotow

160411_ch_3

Viktor Solotow: Putin-Wächter und Kommandeur von Russlands neuer Nationalgarde.

(Foto: Alexander Nemenov/AFP)

Putin-Wächter und Kommandeur von Russlands neuer Nationalgarde.

Von Julian Hans

Russlands neue Nationalgarde war erst zwei Tage alt, da tauchte im Internet ein Video auf, in dem sie bei einer Übung zu sehen sind: Demonstranten-Darsteller schwenken Fahnen und zünden Reifen an. Polizisten mit Knüppeln und Metallschilden gehen gegen sie vor. Nebelgranaten explodieren, Wasserwerfer spritzen.

Der Schutz der öffentlichen Ordnung und die Bekämpfung von Aufständen nach dem Maidan-Muster sind künftig also ebenso Aufgabe der Nationalgarde wie der Kampf gegen Terrorismus und Extremismus. Dazu ordnete Russlands Präsident Wladimir Putin am 5. April per Erlass die Zusammenlegung der Truppen des Innenministeriums mit der Sonderpolizei Omon, dem Spezialkommando Sobr und weiteren Sondereinheiten an. Insgesamt etwa 400 000 Mann soll die neue Nationalgarde haben, sie ist dem Präsidenten persönlich unterstellt, kommandiert wird sie von General Viktor Solotow.

Der hat Erfahrung mit Ausnahmesituationen: 1991 stand er während des Augustputsches neben Boris Jelzin auf dem Panzer vor dem "Weißen Haus", um den Präsidenten (und die junge Demokratie) zu schützen. Der Sohn einer Arbeiterfamilie aus Rjasan in Zentralrussland ging nach einer Schlosser-Ausbildung zum KGB und diente dort fast 20 Jahre lang in der Abteilung 9, die für die Sicherheit der Politbüromitglieder verantwortlich war. Mit dem heutigen Präsidenten schloss Solotow Bekanntschaft, als er zur Bewachung des Bürgermeisters Anatoli Sobtschak nach Sankt Petersburg geschickt wurde. Dessen Stellvertreter war Putin.

Als Sobtschak 1996 nicht wiedergewählt wurde, begann Putin seinen Aufstieg in der Kreml-Verwaltung. Solotow wechselte zur privaten Wachfirma Baltic Export, von der russische Medien berichteten, sie sei eine Art Schiedsstelle zwischen der Stadtverwaltung und der Mafia gewesen. Als Putin 1999 Ministerpräsident wurde, machte er Solotow zu seinem obersten Leibwächter, eine Aufgabe, die dieser 13 Jahre lang mit großer Hingabe erfüllte. Schon als Putin Solotow 2013 zum Oberkommandierenden der inneren Streitkräfte ernannte, hieß es, er könne bald Innenminister werden. Doch öffentliche Ämter liegen dem Offizier nicht; der 62-Jährige Vater eines Sohnes versteckt sich gern hinter dunklen Brillen, er gilt als verschlossen, absolut loyal - und unbarmherzig.

Mit der neuen Nationalgarde schafft sich Putin vor den Wahlen in diesem Herbst und 2018 nicht nur ein persönliches Heer. Er schafft auch ein Gegengewicht in der internen Machtbalance, in der der Geheimdienst FSB zuletzt immer stärker geworden ist. Solotow aber steht sowohl in Konkurrenz zu FSB-Chef Alexander Bortnikow als auch zum Chef des Sicherheitsrates, Nikolai Patruschew - allesamt ebenfalls aus der KGB-Schule. Einen guten Draht soll er dagegen zu Tschetschenen-Oberhaupt Ramsan Kadyrow haben; der gilt auch als grausam, unkontrollierbar - und loyal nur zu Putin.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: