Profil:Tamar Zandberg

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(Foto: Itamar Rotem/CC BY-SA 3.0)

Die israelische Sozialdemokratin mit Machtwillen soll der Meretz-Partei neuen Schwung bringen.

Von Alexandra Föderl-Schmid

Tamar Zandberg gilt als neue Hoffnungsträgerin der Linken in Israel: Mehr als 71 Prozent der Mitglieder der Meretz-Partei stimmten bei einer erstmals abgehaltenen Urabstimmung für die 41-Jährige. Sie ist damit, wie ihre Vorgängerin Zahava Galon, die einzige Parteichefin in Israel und die jüngste dazu. Zuvor hatten sich Galon und Parteiveteran Ilan Gilon aus dem Rennen um den Parteivorsitz zurückgezogen und damit das Feld für Zandberg geräumt.

Zandberg, die langjährige Erfahrung als Aktivistin hat, gilt als jung, innovativ und mit jenem Machtstreben ausgestattet, das der Partei Meretz, das "Energie" heißt, neuen Schwung bringen soll. Zandberg will "der Partei und der Linken in Israel Auftrieb verschaffen und sie aus dem depressiven Zustand erwecken". Sie selbst bezeichnet sich als Feministin, Umweltschützerin und Sozialdemokratin. Seit 2013 sitzt sie als Abgeordnete in der Knesset und hat sich für die nächste Wahl, die regulär im November 2019 stattfinden soll, die Ziele hochgesteckt: Zehn der 120 Sitze möchte sie mit Meretz erringen, das wäre eine Verdoppelung.

Die kleinere sozialdemokratische Partei könnte eine Alternative sein für all jene, denen die Arbeitspartei unter Avi Gabbay zu rechts geworden ist. Der im Vorjahr überraschend als Vorsitzender gewählte Multimillionär versucht, mit rechteren Positionen etwa zum Siedlungsbau oder zur Flüchtlingsfrage zu punkten, was ihm laut Umfragen aber nicht gelingt und Unmut bei Anhängern hervorruft. Das könnte Raum für Meretz schaffen, die als zionistische Partei einen eigenen Staat für die Palästinenser befürwortet und für religiösen Pluralismus eintritt. Diese Themen will Zandberg in Zukunft stärker in den Mittelpunkt stellen.

Meretz hat in der israelischen Politik schon einmal eine wichtigere Rolle gespielt. Vor 17 Jahren war sie zuletzt in einer Koalition, damals unter Premierminister Ehud Barak. Zwei Regierungsbeteiligungen kann die Partei, die 1992 aus einem Wahlbündnis der Bürgerrechtsbewegung Ratz, der Arbeiterpartei Mapam und der liberalen Shinui hervorgegangen ist, vorweisen. Zandberg will, zum Entsetzen einiger in der Partei, sogar in eine Koalition eintreten, wenn dem Kabinett der jetzige Verteidigungsminister Avigdor Lieberman und seine nationalistische Partei Unser Heim Israel angehören würden. Das teilte sie vor kurzem in einem in der Tageszeitung Haaretz veröffentlichten Gastkommentar mit, der für Aufregung sorgte: Sie distanzierte sich von der reinen Lehre, die viele Linke vertreten, und gab das neue Motto aus: Macht, nicht Reinheit.

Zandberg will bewusst auf soziale Themen setzen, damit wurde sie auch landesweit bekannt. Sie gehörte zu den wichtigsten Anführern der Proteste gegen die hohen Immobilienpreise, im Sommer 2011 wurde mit Zeltstädten in Israel darauf aufmerksam gemacht. Sie lebt in Tel Aviv mit Uri Zaki zusammen, dem Ex-Direktor der regierungskritischen Organisation B'Tselem in den USA.

Ihre politische Karriere begann sie als parlamentarische Mitarbeiterin des früheren Meretz-Abgeordneten Ran Cohen. 2008 wurde sie in den Stadtrat von Tel Aviv gewählt. Die geschiedene Mutter einer Tochter führte das Frauenkomitee an und setzte sich dafür ein, dass öffentliche Verkehrsmittel auch am Schabbat fahren. Ihre Wahlkampagne finanzierte sie mittels Crowdfunding. Wer sie unterstützen wollte, konnte dies mit Summen bis zu 1000 Schekel (231 Euro) tun. Diese Kampagne könnte für die Partei insgesamt als Vorbild dienen. Zandberg ist eine entschiedene Befürworterin der Legalisierung von Cannabis und setzt sich als Ausschussvorsitzende in der Knesset vehement für Exportgenehmigungen für medizinische Cannabis-Produkte ein. Nach der Übernahme des Parteivorsitzes wird die ehemalige Lektorin für Psychologie noch weniger Zeit haben, ihre Doktorarbeit über Menschenrechte fertigzustellen.

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