Profil:Sarah Huckabee Sanders

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Die Pressesprecherin muss unentwegt Trumps Lügen verteidigen.

Von Christian Zaschke

Sarah Huckabee Sanders verfügt über die erstaunliche Fähigkeit, Energie aus einem Raum zu saugen, den sie betritt. Wenn die Sprecherin von US-Präsident Donald Trump zum Briefing in den Presseraum des Weißen Hauses kommt, scheint es, als falle die Temperatur. Wenn sie dazu ansetzt, monoton zu referieren, was die Themen des Tages sind, macht sich eine bleierne Schwere breit. Normalerweise bestreitet sie diese Briefings mit genau einem Gesichtsausdruck. Man könnte glauben, ihrem lauten, polternden und fuchtelnden Boss wäre das zu langweilig, zu passiv. Aber das Gegenteil ist der Fall. Trump ist ein großer Fan der so seelenlos wirkenden Auftritte von Sanders.

Das liegt vor allem daran, dass die Sprecherin in ihrer maskenhaften Monotonie unerschütterlich hinter dem Präsidenten steht. Sie gibt grundsätzlich keinen Millimeter nach. Wenn Trump behauptet, der mexikanische Präsident habe ihn angerufen, um ihm zu seiner Einwanderungspolitik zu gratulieren, was schlicht gelogen ist, sagt Sanders: Der Präsident hat nicht gelogen, nächste Frage. Wenn Trump behauptet, die Pfadfinder hätten angerufen, um eine seiner Reden zu loben, was ebenfalls gelogen ist, sagt Sanders: Der Präsident hat nicht gelogen, nächste Frage. Seit knapp einem Jahr ist sie in dem Job, und allmählich hat sie fast alle Reporter zermürbt, die täglich zum Briefing im Weißen Haus erscheinen.

Manchmal kommt es doch noch zu einem Aufflackern von Leben in dem chronisch überfüllten Presseraum. In der vergangenen Woche erregte sich ein Reporter sehr über die Praxis der Trump-Regierung, an der mexikanischen Grenze Kinder von ihren Eltern zu trennen, um so Flüchtlinge davon abzuschrecken, in die USA zu kommen. "Sie sind eine Mutter!", rief er, "haben Sie keinerlei Empathie?" Sanders bügelte ihn ab, sie beschied, der Reporter wolle lediglich vor den TV-Kameras Aufmerksamkeit auf sich lenken. Der Reporter ließ nicht locker, er wurde laut, was Sanders mit unbewegtem Gesichtsausdruck quittierte. Wieder rief er: "Haben Sie keinerlei Empathie?" Sanders leitete ungerührt zur nächsten Frage über. Unter ihrem Vorgänger Sean Spicer ging es oft hoch her in den Briefings, die live übertragen werden. Er hielt dem Druck letztlich nicht stand, den es bedeutet, Trumps Politik und vor allem Trumps Lügen zu verteidigen. Sanders hingegen scheint es ernst zu meinen, wenn sie wie in der vergangenen Woche sagt, sie liebe ihren Job und sei froh, für den Präsidenten zu arbeiten. Damit antwortete sie auf Gerüchte, sie werde den Job am Ende des Jahres hinschmeißen.

Als Tochter von Mike Huckabee, dem ehemaligen Gouverneur von Arkansas, hat Sanders von klein auf Politik aus nächster Nähe erlebt. Als ihr Vater sich 1992 um einen Sitz im Senat bewarb, verteilte sie Flugblätter. Damals war sie neun Jahre alt. Auf der High School trat sie einer Jugendorganisation der Republikaner bei. Als ihr Vater sich 2008 und 2016 vergeblich darum bemühte, Präsidentschaftskandidat der Republikaner zu werden, arbeitete sie an vorderster Front in seinem Team. Nachdem klar war, dass er im 2016er-Rennen keine Chance hatte, brauchte sie eine neue politische Heimat. Sie schloss sich dem Lager Trumps an. Als im Wahlkampf Aufnahmen auftauchten, auf denen Trump sich damit brüstete, er könne Frauen "an die Muschi greifen", weil er so berühmt sei, war es Sanders, die auf CNN sagte, er habe sich entschuldigt, und es sei ein christliches Gebot, diese Entschuldigung anzunehmen. Damit stieg sie auf in den inneren Zirkel. Trump schätzt absolute Loyalität. Dass Sanders, wie sie sagt, ihren Job liebt, muss nicht bedeuten, dass sie nicht doch bald neue Wege einschlägt. Noch immer hält sie engen Kontakt zu ihren politischen Wurzeln in Arkansas. Dort warten viele Republikaner darauf, dass Sarah Huckabee Sanders zurückkehrt, um als Gouverneurin in die Fußstapfen ihres Vaters zu treten.

© SZ vom 18.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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