Profil:Salvatore Buzzi

Italy, Rome: Salvatore Buzzi

Salvatore Buzzi, römischer Hauptverdächtiger im Skandal-Fall Mafia Capitale.

(Foto: ROPI)

Römischer Hauptverdächtiger im Skandal-Fall Mafia Capitale.

Von Stefan Ulrich

Die Haftrichter in Rom schreiben über Salvatore Buzzi: "Er hat unbestritten unternehmerische Fähigkeiten, doch ihn plagen keinerlei Skrupel. Er widmet sich wirklich unermüdlich dem Verbrechen." Seit Donnerstag steht der 59 Jahre alte Römer in einem spektakulären Prozess vor Gericht. Es geht um Mafia Capitale, die Hauptstadtmafia, in der Verbrecher, Unternehmer, Politiker und Beamte zusammenwirkten - zulasten von Stadt und Bürgern. Buzzi, wegen seiner Kontakte zu linken Politikern "il rosso" (der Rote) genannt, soll der wirtschaftliche Kopf der Mafia Capitale gewesen sein und Politiker wie Stadtbedienstete bestochen haben, um Aufträge zu ergattern. Sein Wahlspruch: "Die Kuh kann nur gemolken werden, wenn man sie füttert."

Geschäftssinn und Skrupellosigkeit zeigte der Sohn einer Lehrerin und eines Kriegsinvaliden früh. Als junger Mann arbeitete er bei einer Bank, entwendete Schecks und ließ diese von einem Kumpanen einlösen. Als sie in Streit gerieten, brachte Buzzi den Komplizen mit 34 Messerstichen um. Im Gefängnis begann seine erste Verwandlung.

Buzzi wurde zum Musterhäftling. Er machte sich für die Rechte seiner Mitgefangenen stark, wobei er auch ein Recht auf Sex in der Zelle forderte, prangerte Gewalt durch Wachleute an und engagierte sich für die Resozialisierung von Gefangenen. So gründete er die "Kooperative 29. Juni", die Ex-Häftlingen Arbeit verschaffen sollte. Etliche Politiker waren begeistert von dem scheinbar Geläuterten, der in der Haft Philosophie studierte, seinen Abschluss mit Bestnote schaffte und noch ein Jurastudium dranhängte. 1994 begnadigte der Staatspräsident Buzzi.

Kaum draußen, kam es zur zweiten Verwandlung. Buzzi, der charmant auftreten kann, baute seine Kooperative zu einem Geflecht von Organisationen aus, mit denen er zuletzt einen Jahresumsatz von 60 Millionen Euro erreichte. Ziel seines Imperiums: öffentliche Aufträge für Müllabfuhr, Straßenreinigung, Parkpflege oder die Unterbringung von Flüchtlingen. Hierzu fütterte er die Stadtverantwortlichen mit Geld. 1500 Euro bis 10 000 Euro - im Monat - sollen manche erhalten haben. "Das kommt alles wieder rein", sagte er in abgehörten Gesprächen. Man mache sich keine Vorstellung, wie viel Geld er mit den Immigranten verdiene. "Der Drogenhandel bringt weniger ein."

Buzzi pflegte Kontakte zur Unter- wie zur Oberwelt. Er tat sich mit dem anderen Hauptangeklagten, dem faschistischen Ex-Terroristen Massimo Carminati zusammen; und er dinierte mit Spitzenpolitikern. Dass in Rom Teile der Müllentsorgung, Gärten-Pflege und Flüchtlingsunterbringung von Buzzi kontrolliert wurden, sah man der Stadt in den vergangenen Jahren an. Viele konnten sich die Verwahrlosung nicht erklären. Buzzi selbst schrieb einmal in einer Neujahrs-SMS, er wünsche sich ein Jahr "voller Müll, Flüchtlinge, Immigranten, Obdachlosen . . .". Denn das versprach gute Geschäfte.

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