Profil:Roland Koch

Meinungsstarker ehemaliger Politiker und Bauunternehmer, den die Vergangenheit einholt.

Von Susanne Höll

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(Foto: Malte Ossowski/imago)

Roland Koch hat zu seinen aktiven politischen Zeiten die Republik gespalten wie kaum ein zweiter deutscher Christdemokrat. Seine Anhänger vergötterten den Juristen, unter dessen Führung die Hessen-CDU 1999 nach einem brachialen Wahlkampf der SPD in Wiesbaden die Regierungsmacht abrang. Anderen war Koch dagegen seither der Inbegriff des kalten Machtpolitikers, der im Wahlkampf mit einer Anti-Doppelpass-Aktion Stimmung gegen Ausländer machte, um Ministerpräsident zu werden. Auch Angela Merkel, damals noch Generalsekretärin der Bundes-CDU, war der Mann suspekt.

Nun ist Koch, der im März 60 Jahre alt wird, schon fast acht Jahre nicht mehr Regierungschef. Er hat einen für ihn unglückseligen Ausflug in die Welt der Wirtschaft unternommen - für den er möglicherweise auch finanziell wird gerade stehen müssen. Nun geht er seinen Rechtsanwaltsgeschäften nach. Koch führt eine Kanzlei im Frankfurter Westend, ist Aufsichtsratschef der UBS-Bank und sitzt auch im Aufsichtsrat von Vodafone. Politisch abstinent ist der Vielbeschäftigte jedoch nicht. Nach wie vor polarisieren seine Äußerungen, inzwischen übrigens auch in der ihm einst außergewöhnlich treu ergebenen Hessen-CDU.

Vor einer guten Woche forderte er Kanzlerin Angela Merkel inmitten einer vielstimmigen CDU-Debatte um Kurs und Personal auf, ihre Nachfolge zu regeln. Als er noch Ministerpräsident in Wiesbaden war, hätte er sich solche Ratschläge strikt verbeten. Koch und Merkel verbindet ein schwieriges Verhältnis. Der Hesse beäugte den Aufstieg von "Kohls Mädchen" mit Argwohn. Er gehörte zu jenen Christdemokraten, die 2002 die Kanzlerkandidatur Merkels verhinderten und CSU-Chef Edmund Stoiber als Herausforderer von Gerhard Schröder durchsetzten. Gut möglich, dass sie Merkel damit, wenn auch unfreiwillig, den Weg in künftige Kanzlerschaften geebnet haben - hätte sie damals gegen Schröder verloren, wäre das wohl ihr Ende als CDU-Chefin gewesen.

Koch darf man zu jenen innerparteilichen Kritikern Merkels zählen,welche die Karriere der Frau aus dem Osten nach wie vor für einen historischen Unfall halten und an unvernarbten Wunden laborieren. Dabei hat er ansonsten einen ebenso scharfen wie analytischen Verstand, den ihm selbst seine schärfsten Kritiker nicht absprechen. Sein Wort wird noch immer wahrgenommen, es hat aber nicht mehr die einstige Durchschlagskraft. Auch, weil sein Engagement beim Baukonzern Bilfinger 2014 unrühmlich endete. Koch war dort seit 2011 Vorstandschef; unter seiner Führung geriet das Unternehmen in Bredouillen, er räumte seinen Posten. Inzwischen verlangt Bilfinger von ihm und anderen Ex-Managern Schadenersatz.

Koch hat ausrichten lassen, dass ihn dieses Vorgehen befremde; er sei sich keiner Schuld bewusst. Im Dezember hatte er in Hessen noch einmal einen großen Auftritt. Sein Nachfolger im Ministerpräsidentenamt und langjähriger Weggefährte Volker Bouffier verlieh ihm die höchste Auszeichnung des Landes, die nach dem hessischen Sozialdemokraten, Gewerkschafter und Widerstandskämpfer Wilhelm Leuschner benannte Medaille. Der Ehrenakt schuf böses Blut. Sozialdemokraten, Linke und Gewerkschafter protestierten - schließlich habe Koch neben seiner ausländerfeindlichen Aktion von einst auch die Affäre um das Schwarzgeld der Hessen-CDU mit zu verantworten. Er selber war nicht an der Verschiebung von rund 20 Millionen Mark beteiligt, die als "jüdische Vermächtnisse" getarnt waren. Aber seine Landespartei und er profitierten von dem Geld.

Auch in der Hessen-CDU wunderten sich manche, warum Koch Medaillenträger wurde. Denn unter Volker Bouffier hat sich die Partei von ihrem einstigen Idol emanzipiert. Sie ist nicht mehr die gefürchtete stramm konservative Kampftruppe von früher. Seit fast fünf Jahren regiert die CDU in Hessen mit den Grünen - ohne großen Streit.

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