Italien:Der Mann, der Matteo Renzis Nachfolger werden könnte

Italien: Pier Carlo Padoan: Finanzminister mit guter Chance, bald Italien zu regieren.

Pier Carlo Padoan: Finanzminister mit guter Chance, bald Italien zu regieren.

(Foto: AFP)

Der leise Finanzminister Pier Carlo Padoan wird als neuer Premier Italiens gehandelt. In Brüssel gilt er als Garant dafür, dass es in Rom ungefähr so weiterginge wie bisher.

Porträt von Oliver Meiler

Würde man den Erkenntnissen aus vielen Papstwahlen folgen, deren mysteriöse Riten jenen der italienischen Politik recht ähnlich sind, sollte Pier Carlo Padoan sich nicht allzu sicher fühlen. Drüben, im Vatikan, sagt man: Wer als Papst ins Konklave geht, kommt als Kardinal wieder raus. Der Posten, den die Medien für den 66-jährigen Wirtschaftsexperten herbeireden, ist einige Hierarchiestufen drunter: Er soll Premier Italiens werden, Nachfolger des zurückgetretenen Matteo Renzi. Zumindest gilt er als Favorit bei den Sondierungsgesprächen, die nun angelaufen sind, als äußerst "papabile", papstbar eben.

In Brüssel, hört man, sähe man die Beförderung des parteilosen bisherigen Wirtschafts- und Finanzministers mit besonderer Genugtuung. Padoan wäre wahrscheinlich Garant dafür, dass es in Rom in den nächsten Monaten ungefähr weiterginge wie bisher, also die Reformen fortgeführt und die Defizitvorgaben einigermaßen eingehalten würden. Wichtig ist zudem, dass einer am Werk wäre, der Italiens Bankenkrise bis ins trübste Detail kennt, inklusive aller faulen Kredite. Seine Berufung würde wohl auch die Finanzmärkte überzeugen.

Der leise Ökonom ist, was man in Italien einen "tecnico" nennt, ein Techniker im Dienst der Politik. Er verdankt seinen Posten seinem Expertenwissen, keiner Wahl. Sehr beliebt sind solche Persönlichkeiten meist nicht, weil sie harte Maßnahmen ohne Rücksicht auf die Volksgunst beschließen können: Sie brauchen ja nicht um ihre Wiederwahl zu fürchten. Padoans Fall verhält sich etwas anders. Er besitzt zwar kein Parteibuch, stand dem linken Partito Democratico aber immer so nahe, dass er höchstens als halber "tecnico" empfunden wird.

Padoan ist in Rom geboren und wuchs in Amerika auf, wo sein Vater, ein Architekt, lange arbeitete. Erst für sein Wirtschaftsstudium kehrte er zurück. Er war viele Jahre Professor an der römischen Universität La Sapienza, bevor ihn Italien zum Internationalen Währungsfonds entsandte. Später wurde er Chefvolkswirt der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, OECD. Als ihm Renzi im Februar 2014 den wichtigsten Posten in seinem sonst recht jungen und unerfahrenen Kabinett anbot, weilte Padoan zu einem Gipfel in Sydney. Er flog schnell zurück, kam aber zu spät zur Vereidigung. Man schob sie nach. Renzi und Padoan kannten sich persönlich kaum. Offenbar brauchte es auch eine Weile, bis sie sich vertrauten. Sie wuchsen aber zum Team.

Padoan trug Renzis Politik loyal mit - und umgekehrt. Der Minister erhob verteidigend die Stimme, wenn man Renzi vorwarf, er fabuliere. Auch er drängte Europa zur Abkehr vom reinen Sparen und plädierte für mehr Wachstumspolitik. "Man kann ein Spiel nicht allein mit Verteidigen gewinnen", sagte er einmal. Nun wächst Italiens Wirtschaft wieder: knapp ein Prozent. Das ist wenig, aber immerhin eine Trendwende. Auch deshalb wird Padoan als Premierminister gehandelt, und das ziemlich hoch.

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