Profil:Philippe

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König der Belgier, der die zutiefst gespaltene Nation einen soll.

(Foto: Dirk Waem/AFP)

König der Belgier, der die zutiefst gespaltene Nation einen soll.

Von Andrea Bachstein

"Mit Entschlossenheit, Ruhe und Würde" der Bedrohung zu begegnen - dazu rief ihr König die Belgier am Abend des Tages auf, an dem der Terror entsetzlich und perfide über sie hereinbrach. Der 22. März werde "nie mehr ein Tag wie jeder andere sein". Philippe hat gesagt, was im Augenblick des kollektiven Schocks ein besonnenes Staatsoberhaupt sagen muss. Am Tag danach stand er gemeinsam mit seiner Frau in der ersten Reihe der Politiker im Gebäude der EU-Kommission, als das Land in einer Schweigeminute innehielt. Wieder hat er getan, was ein Staatsoberhaupt tun muss. Philippe macht nichts falsch. Und er tut nichts Außergewöhnliches.

Der 55-Jährige galt immer als ein Mann ohne besondere Gaben oder Charisma, und die belgische Verfassung lässt den Monarchen auch formal wenig Macht. Dennoch ist es wichtig, was der König nun tut und sagt. Denn keine andere Figur gibt dem Land mehr Zusammenhalt, auch wenn die Belgier keine glühenden Royalisten sind. Als Klammer der Nation wird der König oft definiert, denn das kleine Belgien ist tief gespalten durch den eifersüchtigen Konflikt zwischen Flamen und Wallonen, der so anachronistisch wirkt, gerade in dem Land mit der symbolischen Hauptstadt des geeinten Europas. Selbst angesichts der Bedrohung durch den Terrorismus haben flämische und wallonische Behörden wohl nicht gerne kooperiert.

Der König ist verpflichtet, sich neutral zu den Volksgruppen zu verhalten, sein Titel ist "König der Belgier", nicht König von Belgien, das betont den Bezug zum ganzen Volk. Philippe wurde am 21. Juli 2013 gewissermaßen im zweiten Anlauf siebter König der Belgier. Er kam schon infrage, als 1993 der beliebte, sehr gläubige König Baudouin nach mehr als 40 Jahren auf dem Thron kinderlos starb. Als Nachfolger stand Baudouins Bruder Albert zur Wahl oder dessen ältester Sohn Philippe, damals 33. Weder Vater noch Sohn begeisterte die Belgier. So gab es Zweifel an Albert wegen seiner Eskapaden und der turbulenten Ehe mit der Italienerin Paola.

Philippe, der an der Königlichen Militärschule zum Kampfpiloten ausgebildet worden war und in Stanford den Master in Politikwissenschaft erworben hatte, galt als tollpatschig, wenig wortgewandt, ohne Profil. So wurde Vater Albert König, blieb es 20 Jahre - und wurde sehr beliebt. Sein Sohn bekam Zeit heranzureifen. 2013 trat Albert II. überraschend zurück. Philippe war inzwischen mit Prinzessin Mathilde verheiratet, und sie, die als lebensklüger gilt, trug offenbar viel dazu bei, dass er sicherer, souveräner wurde. Vier Kinder hat das Paar, und wie alle Royals versorgt der belgische Hof die bunte Presse mit Familienfotos, gern mit bürgerlichem Anstrich.

Brav und skandalfrei übt Philippe sein Amt aus. Übel genommen wurde ihm jedoch, dass er in der Bretagne weilte, während Brüssel im Dezember unter höchster Terrorwarnstufe halbgelähmt bangte. Nun kann der König vor Belgiens Realität nicht mehr flüchten.

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