Profil:Pedro Sánchez

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Pedro Sánchez, spanischer Sozialistenchef mit dem Auftrag zur Regierungsbildung.

(Foto: Gerard Julien/AFP)

Spanischer Sozialistenchef mit dem Auftrag zur Regierungsbildung.

Von Thomas Urban

Schon vor den Parlamentswahlen vor sechs Wochen galt der 43 Jahre alte Oppositionsführer als Favorit für das Amt des spanischen Regierungschefs. Der Grund: Die von ihm geführte traditionsreiche Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) ist für Koalitionen sowohl nach links wie nach rechts offen. Am Abend des Wahltags zog Pedro Sánchez erst einmal ein langes Gesicht: Die PSOE hatte nur 22 Prozent der Stimmen bekommen, so wenig wie nie zuvor seit der Rückkehr Spaniens zur Demokratie vor vier Jahrzehnten; sie hatte nicht vom Popularitätsverfall der bislang regierenden Konservativen profitieren können.

Doch nun hat Sánchez wieder Oberwasser. Denn König Felipe VI. hat ihn mit der Bildung der neuen Regierung beauftragt, nachdem sein konservativer Widersacher Mariano Rajoy, der noch amtierende Premier, die Versuche aufgegeben hatte, im Parlament eine Mehrheit zu finden.

Sánchez hat gute Chancen, in den Regierungspalast Moncloa am Rand von Madrid einzuziehen, aber die Koalition, die er gegen die Konservativen bilden möchte, wird überaus fragil sein. Denn sie wäre auf katalanische Sezessionisten und die kleine Gruppe von baskischen Abgeordneten als Mehrheitsbeschaffer angewiesen. Die werden versuchen, Sánchez möglichst viele Zugeständnisse abzuringen und sind ohnehin nur an einer schwachen Zentralgewalt interessiert.

Für Sánchez ist dies vermutlich die einzige Chance, Premier zu werden. Vor zwei Jahren wurde er in einer Urabstimmung der PSOE als bis dahin weitgehend unbekannter Hinterbänkler überraschend zum Parteichef gewählt. Doch schuf ihm dieser Erfolg auch Feinde, nämlich einige Partei-Granden, die sich selbst Hoffnung auf den Parteivorsitz gemacht hatten. Zudem wird ihm die Wahlschlappe vom Dezember angekreidet; er hatte kein Rezept gegen den Aufstieg der linksalternativen Gruppierung Podemos gefunden und überdies mit rüpelhaften Auftritten negative Schlagzeilen gemacht. Sánchez kann sich also seiner eigenen Leute nicht sicher sein.

Zusätzlich sieht er sich Druck von Seiten der neomarxistischen Podemos-Führung ausgesetzt, die nicht mit populistischen Versprechen geizt. Sánchez aber weiß, dass er die Vorgaben für die Sanierung des Haushalts einhalten muss; er will eine Konfrontation mit der EU vermeiden.

Sánchez hat nach seinem Wirtschaftsstudium mehrere Jahre in Brüssel gearbeitet, erst als Assistent im Europäischen Parlament, dann im Sekretariat des Flüchtlingskommissars. Er spricht sehr gut Englisch und Französisch, er ist eloquent, wirkt aber auch funktionärsaalglatt, das Milieu der traditionellen PSOE-Wähler ist ihm fremd. Seine Kritiker nennen den durchtrainierten 1,90-Mann mit dem Filmstar-Appeal leicht abfällig "Pedro el guapo" (der Hübsche). Nun muss er erstmals staatsmännische Führungskraft beweisen und nicht nur eine Koalition schmieden, sondern diese dann auch zusammenhalten.

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