Thüringen:Früherer AfD-Politiker will zur SPD wechseln

Oskar Helmerich

Einst war es Liebe, jetzt ist es Hass, der Oskar Helmerich mit der AfD verbindet.

(Foto: dpa)

Einst war es Liebe, mittlerweile ist es Hass, der Oskar Helmerich mit der AfD verbindet. Er möchte bei den Sozialdemokraten mitmischen. Einige Genossen sind nicht gerade begeistert.

Von Ulrike Nimz

Jeder bekommt seine 15 Minuten Ruhm, hat Andy Warhol gesagt. Oskar Helmerich, 56, bekam seine im Herbst 2015. Dabei hatte der Mann, der da hinter dem Rednerpult im Thüringer Landtag stand, so gar nichts von Warhol: graues Sakko, schlammfarbene Krawatte, schütteres Haar. Doch das, was er sagte, brachte die Mehrheit der Abgeordneten dazu, rhythmisch zu klatschen - und mindestens einen auf die Palme.

Helmerich, aus der AfD ausgetreten und fraktionslos, knöpfte sich seinen bisherigen Fraktionschef Björn Höcke und dessen gespanntes Verhältnis zu den Medien vor. Dabei fielen Worte wie "Realitätsverlust" und "schwerwiegende Persönlichkeitsstörung". Na und, könnte man sagen, da hat einer nachgetreten. Die Neuigkeit aber ist, wo dieser Mann nun eintreten will.

Oskar Helmerich, 2013 unter den Gründern der AfD in Thüringen, soll künftig für die SPD im Erfurter Stadtrat sitzen, als parteiloses Mitglied, so verkünden es die Genossen. Dass da einer bei den Sozialdemokraten mitmischen will, aber einer Partei entstammt, die eher dem Sozialdarwinismus nahesteht, beschert Oskar Helmerich nun weitere Minuten in der Öffentlichkeit.

Kieferbruch angedroht

Er selbst versucht, diese zu meiden. Gerade nicht erreichbar, auch nicht für Kollegen, heißt es. Der Kollaborateur wird bedroht, auch das hört man. Im Mai 2015 zitierte die Thüringer Allgemeine aus einer anonymen E-Mail, die dem "Spalter" einen Kieferbruch ankündigte. Im selben Monat verließ Helmerich die Fraktion.

Wo Hass ist, kann Liebe gewesen sein, da sind sich Politik und Partnerschaft nicht unähnlich. 2014 zog Helmerich für die AfD in den Erfurter Stadtrat ein, wurde in den Landtag gewählt. Eine Zeit lang beherbergten die Büroräume seiner Kanzlei die Landesgeschäftsstelle der AfD. Wäre da nur nicht Björn Höcke, Galionsfigur des nationalkonservativen Rumpfes der Partei. Helmerich, Fachanwalt für Strafrecht, muss ein Gespür dafür haben, wenn die Meinungsfreiheit überdehnt wird. Als Höcke 2015 in der "Erfurter Resolution" den Schulterschluss mit Pegida forderte, unterstützte Helmerich Bernd Luckes "Weckruf 2015". Seine Partei schloss ihn von Fraktionssitzungen aus, sie maßregelte ihn so, dass das Maß voll war.

SPD-Abgeordnete drohten mit Rücktritt

Gut, dass Helmerich, so berichten es Weggefährten, schon länger Sympathien für die SPD hegt. Seit der Jugend im Niederbayerischen. Hat er Genugtuung verspürt, als die AfD ihr "politisches Starkbierfest" absagte, weil sie in seiner Geburtsstadt Deggendorf keinen Wirt fand, der dem Redner Höcke eine Bühne bieten wollte?

Matthias Hey, SPD-Chef im Landtag, jedenfalls nennt Helmerich einen "integren Mann", der an Sacharbeit interessiert sei, nicht an Karriere. Ob Helmerich sich auch im Landtag der SPD anschließen könnte, darüber will Hey in der nächsten Fraktionssitzung diskutieren. Die Meinungen hierzu seien "durchaus kontrovers". Auch Genossen können nachtragend sein: Abgeordnete sollen im Fall seines Eintritts mit Rückzug gedroht haben.

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