Profil:Markus Peichl

Schwache Quoten: Gottschalk holt sich Hilfe
(Foto: Gebert/news aktuell/dpa)

Ewiger Treibauf der Medienbranche und Trainer von Martin Schulz.

Von Willi Winkler

Markus Peichl ist mittlerweile 59, er wird aber immer der junge Peichl bleiben, denn er ist der Sohn des berühmten österreichischen Architekten Gustav Peichl, der in sechs Bundesländern das gleiche ORF-Landesstudio nach dem cleveren Prinzip der "Peichl-Torte" gebaut und unter dem Pseudonym Ironimus über Jahrzehnte Karikaturen für die SZ gezeichnet hat. Vielleicht ist es dann für einen Sohn unvermeidlich, den eigenen Erfolg nicht in der Stabilität, sondern als ewiger Treibauf zu suchen. Peichl junior hat mehr Projekte erfunden, geleitet, beraten, hingeschmissen und manchmal auch ruiniert, als zehn ebenfalls kreative Geister das in einem ganzen Arbeitsleben schaffen würden. Seine ganz eigene Unruhe hat ihn jetzt zu Martin Schulz geführt: Peichl bereitet den SPD-Kanzlerkandidaten für das TV-Duell am kommenden Sonntag vor.

Als "Schlawiner" bezeichnet ihn gut österreichisch ein Weggefährte, ein anderer nennt als wesentlichen Charakterzug Peichls lieber gleich zwei: "Charismatiker und Gangster". 1986 kam Peichl mit Tempo heraus, einer Zeitschrift für die hedonistische Jugend, die den Stern gleichsam einen Herrenwitz und die Zeit als vorgestrig fand. Peichl verstand sich als Blattmacher, der seinen Verleger Thomas Ganske zur Weißglut trieb, weil er sich an keinen Abgabetermin gebunden fühlte. "Ein pünktliches Heft kann jeder Depp machen", verkündete er bei jeder Gelegenheit und musste daran erinnert werden, dass Zeitschriften tatsächlich mit Zeit zu tun haben, also irgendwann am Kiosk und beim Leser ankommen sollten. Peichls Genie zeigte sich nicht nur in seiner Unrast, sondern auch bei der Wahl seiner Autoren. Einer hatte eine abfällige Glosse über den Schauspieler Mickey Rourke geschrieben. Peichl war das nicht Glosse genug, er gab dem Text die Überschrift "100 Zeilen Hass" und dem Autor eine regelmäßige Kolumne, mit der er berühmt wurde; Maxim Biller sein Name. Peichl wurde bald gefeuert, aber noch heute, dreißig Jahre nach Tempo, zehrt er von dem Ruf, im Zweifel alles besser, alles origineller, alles moderner als andere zu können.

Schneller als andere war er immer. Peichl erfand die Talkshow "0137", mit der Roger Willemsen bekannt wurde, er beriet Reinhold Beckmann bei dessen Talkshow, er produzierte Werbefilme und Bücher. Mit dem promisken Selbstbewusstsein des unheilbaren Aufsehenerregers konnte er für Burda und für Gruner + Jahr, für Thomas Gottschalk und Frank-Walter Steinmeier arbeiten. Mit seinem Freund Andreas Osarek betreibt er in Berlin eine Galerie und befeuert eine Bürgerinitiative, in der sich die wohlhabenderen Potsdamer gegen die geplante Einflugschneise des BER wehren. So einflussreich er ist durch die "Lead Awards", mit denen er jährlich Zeitschriften und Werbekampagnen auszeichnet - am liebsten hätte er sie für sich, für eine eigene Zeitschrift, in der er wieder alles selber macht, alles Peichl. Jetzt also Schulz, aber mit Tempo.

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