Profil:Mark Carney

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Mark Carney, Smarter Chef der Bank of England und Buhmann der Brexit-Anhänger.

(Foto: Simon Dawson/dpa)

Der smarte Chef der Bank of England ist nun der Buhmann der Brexit-Fans.

Von Björn Finke

Dresscode ist Smoking und Fliege. Derart herausgeputzt tafeln am Donnerstagabend Top-Manager der Londoner Finanzbranche im Mansion House, dem gut 250 Jahre alten Amtssitz des Lord Mayors, des Bürgermeisters des Bankenviertels. Höhepunkt dieser alljährlichen Sause sind die Reden des Schatzkanzlers und des Chefs der Bank of England. Schatzkanzler George Osborne wird sicher die Gelegenheit nutzen, wieder vor dem Brexit zu warnen, einem Austritt Großbritanniens aus der EU. Doch die Finanzelite wird vor allem gespannt sein, was Notenbank-Gouverneur Mark Carney eine Woche vor der Volksabstimmung zu dieser Frage sagt.

Der Kanadier, der seit drei Jahren die britische Zentralbank führt, hat zuletzt den Zorn der Brexit-Fans auf sich gezogen. So warnte er, ein möglicher Austritt aus der EU stelle eines der größten Risiken für die Stabilität des britischen Finanzsystems dar. Später legte er nach, dass das Pfund an Wert verlieren und die Konjunktur leiden könnte, falls das Brexit-Lager das Referendum gewinnt. Sogar eine "technische Rezession" sei möglich, sprich: Statt zu wachsen, könnte die Wirtschaft über längere Zeit schrumpfen. Viel "könnte", dazu obskure Fachbegriffe - der Ökonom drückte sich so vorsichtig und schwurbelig aus, wie es unter Notenbank-Chefs üblich ist.

Seine Befürchtungen teilen indes viele andere Volkswirte, Forschungsinstitute und internationale Organisationen. Trotzdem werfen Abgeordnete aus dem Brexit-Lager Carney vor, sich in die Politik einzumischen und so die Unabhängigkeit der Bank of England zu beschädigen. Ein konservativer Parlamentarier forderte sogar im Fernsehen, Carney zu feuern. Der Angegriffene weist die Kritik zurück: Es gehöre zu seinen Aufgaben als Währungshüter, vor Risiken zu warnen. Politisch wäre vielmehr gewesen, die Veröffentlichung "wichtiger Einschätzungen zu unterdrücken".

Politik ist dem 51-Jährigen allerdings nicht fremd. Er studierte in Harvard und promovierte in Oxford, wo er seine spätere Frau kennenlernte, eine Britin. In Oxford erlangte er auch ersten Ruhm als schwer überwindbarer Torhüter der Eishockey-Mannschaft der Hochschule. Carney heuerte nach dem Abschluss bei der US-Investmentbank Goldman Sachs an, wechselte aber 2003 zur kanadischen Notenbank, als Vize-Gouverneur. Bald zog es ihn in die Politik; er fing im Finanzministerium an. 2008 ging es zurück zur Notenbank - diesmal als Chef. Die Finanzkrise überstand Kanada halbwegs unbeschadet, was auch als Verdienst der Zentralbank gilt.

Bei der Bank of England ist er der erste Ausländer an der Spitze. Britische Medien nennen ihn den "George Clooney unter den Notenbankern", wegen des Lächelns und der schicken Anzüge. Carney sagt dazu, unter Notenbankern der Clooney zu sein, sei "eine sehr niedrige Latte" - nicht sehr nett gegenüber seinen Kollegen.

Den Ärger mit den Brexit-Fans wird der smarte Mister Carney nicht so leicht weglächeln können.

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