Profil:Jonathan Franzen

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Jonathan Franzen: Amerikanischer Schriftsteller, Amazon-Skeptiker und Vogelfreund. (Foto: Timur Emek/Getty Images)

Amerikanischer Schriftsteller, Amazon-Skeptiker und Vogelfreund.

Von Lothar Müller

Bei den Stars der angelsächsischen Literatur geht es Schlag auf Schlag. Kaum ist das Original auf dem Markt, schon folgt ihm die deutsche Übersetzung auf dem Fuße, damit der deutsche Verlag nicht zu viele Leser an die englischsprachige Fassung verliert. Der neue Roman "Purity" von Jonathan Franzen erscheint am Dienstag kommender Woche in den Vereinigten Staaten und England, am Freitag bei Rowohlt unter dem Titel "Unschuld".

Franzen, Jahrgang 1959, ist in einem Vorort von St. Louis/Missouri, aufgewachsen. Seinen Durchbruch erzielte er 2001 mit dem Roman "The Corrections" ("Die Korrekturen", 2002) - einer Erkundung seiner Herkunftswelt, der weißen Mittelschicht. Inzwischen lebt er in Kalifornien, in Santa Cruz, südlich von San Francisco. Dem britischen Guardian hat er vor einigen Tagen ein Interview gegeben, das einige Wellen schlug, weil er darin von seinen Schwierigkeiten mit der jüngeren Generation sprach und der - ihm inzwischen wieder abhandengekommenen Idee -, eine irakische Waise zu adoptieren.

Großschriftsteller erzeugen solche Wellen, wenn sie in den Interviews, die sie ihren Werken vorausschicken, über ihre nichtliterarischen Projekte sprechen. Ein Schlüsselwort des Großschriftstellers Jonathan Franzen ist "Amazon". Es ist ein Signalwort seiner Skepsis gegen alle Internet-Utopien. Dazu gehört wie der Spott über Salman Rushdies Lust am Twittern die Warnung vor Amazon-Chef Jeff Bezos als einem der vier apokalyptischen Reiter.

Das Wort "Amazon" führt aber auch nach Peru, vom nordamerikanischen Missouri zum südamerikanischen Amazonas, den Jonathan Franzen im November 2014 mit der peruanisch-amerikanischen Umweltorganisation Amazon Conservation Association bereist hat. Der Bericht darüber erschien im Frühjahr im New Yorker, eingebettet in Reflexionen Franzens über den Zusammenhang zwischen seiner protestantischen Erziehung und seiner Entwicklung zum Naturschützer. Dieser Aktivismus hat einen Kern: Jonathan ist ein "bird watcher", Vogelbeobachter.

Natürlich wird Franzen mit seinem neuen Roman auch nach Deutschland kommen. Er hat in Deutschland studiert, versteht und spricht Deutsch, eines seiner jüngsten Bücher ist eine Hommage an Karl Kraus, gespickt mit Anmerkungen zur deutschen Kultur und zu seiner Abneigung gegen Facebook und das Sich-Verlieren in der Dauerkommunikation.

Am 15. Oktober, während der Frankfurter Buchmesse, präsentiert Franzen seinen Roman "Unschuld" im Frankfurter Schauspielhaus. Am Tag zuvor aber hat er einen Termin abseits der Buchmesse. Auf der Bodensee-Insel Mainau verleiht ihm die Stiftung Europäisches Naturerbe ihren Preis EuroNatur für einen in dem Magazin National Geographic erschienenen Artikel über die Vogeljagd auf dem Balkan. Franzen tritt damit an die Seite der Preisträger Klaus Töpfer, Michail Gorbatschow und Prinz Charles.

© SZ vom 27.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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