Profil:James Damore

James Damore, Harmeet Dhillon
(Foto: Michael Liedtke/AP)

Der Held der amerikanischen Rechten sieht sich von Google diskriminiert.

Von Kathrin Werner

"Du bist ein Frauenhasser und furchtbarer Mensch. Ich werde dich jagen, bis einer von uns gefeuert wird." James Damore hat diese E-Mail von einem Kollegen bekommen - und wenige Tage später seinen Job verloren. Die E-Mail sei typisch für die Unternehmenskultur bei Google, die andere Meinungen nicht zulasse, ja sogar bestrafe, klagt Damore, der im Sommer vom unbekannten Technik-Nerd zu Googles umstrittenstem Ex-Mitarbeiter, zum Feindbild von Feministinnen und Held der neuen Rechten aufgestiegen ist.

Nun klagt Damore mit einem anderen ehemaligen Google-Mitarbeiter gegen den Konzern und hofft, dass sich weitere Menschen wie er anschließen: weiß, männlich, konservativ - und als solche bei Google unterdrückt, wie Damore glaubt. Mitarbeiter mit anderen Meinungen würden von Google "ausgesondert, schlecht behandelt, systematisch bestraft und gekündigt", schrieben seine Anwälte - ein schwerer Vorwurf für die Technologiebranche, die sich eigentlich ihrer flachen Hierarchien und Offenheit rühmt.

Damore programmierte schon als Kind und konnte mit verbundenen Augen gleichzeitig vier Partien Schach spielen. 2013 brach er sein Doktorprogramm in Harvard ab und machte bei Google Karriere als Programmierer. Seine Bewertungen waren hervorragend, innerhalb von zwei Jahren wurde er zweimal befördert, in seiner letzten Position kann man 300 000 Dollar pro Jahr verdienen.

Hintergrund seiner Kündigung war ein internes Memo, dass der 28-Jährige im Sommer verfasst hat. Über zehn Seiten hinweg hatte Damore psychologische Unterschiede zwischen Frauen und Männern beschrieben, die zum Teil biologische Ursachen hätten. Dass es diese Unterschiede gibt, ist recht unbestritten. Die Ursachen der Unterschiede sind unter Wissenschaftlern deutlich umstrittener. Das Problem aber waren Damores Schlussfolgerungen: Geringere Stressresistenz und ein "höheres Level an Neurotik" führten dazu, dass Frauen für Führungspositionen weniger geeignet seien und sich außerdem weniger für sie interessierten.

Damores Memo kursierte innerhalb des Unternehmens, wo sich viele darüber aufregten, und geriet dann in die Öffentlichkeit, wo sich noch viel mehr Menschen empörten. Kurz darauf kündigte Google ihm, weil er gegen interne Verhaltensregeln verstoßen und Stereotype weiterverbreitet habe. Damore ging daraufhin auf Pressetournee und ließ sich auch von ultrarechten Youtube-Stars und Kommentatoren befragen. Rasch wurde er zum Vorzeigefall der amerikanischen Alt-Right-Bewegung, er galt als mutiger Verfechter der Meinungsfreiheit gegen den angeblich linken Mainstream.

Damore hat mitgespielt, obwohl er sich eher als Zentristen denn als Rechten sieht. Wenn die rechten Blogger etwas sagten, was ihm nicht gefiel, schüttelte er nur zaghaft den Kopf. Als ihm ein rechter Starfotograf kostenlose Porträts anbot, sagte er zu und zog ein T-Shirt über, das der Fotograf für ihn mitgebracht hatte. Statt dem Firmennamen stand darauf "Goolag" in den typischen bunten Buchstaben - weil Google so unterdrückerisch sei wie sowjetische Arbeitslager. Kurz darauf bat Damore auf Twitter um Bestätigung, dass einige der internen Namen des Ku-Klux-Klans doch ziemlich cool seien. Vielleicht spiele es eine Rolle, dass er eine leichte Form von Autismus habe und schwerer erkennen könne, wenn seine Worte andere vor den Kopf stoßen, sagte er der Zeitung Guardian. Bei der Pressekonferenz zu seiner Klage am Montag blieb er lieber still.

Seine Klage hat eine gewisse Ironie: 69 Prozent aller Google-Mitarbeiter sind männlich, 56 Prozent weiß. Bei technischen Berufen liegt die Männerquote bei 80 Prozent. Drei Viertel aller Google-Führungskräfte sind Männer, 68 Prozent weiß. Und gleichzeitig zu Damores Klage muss sich der Konzern mit einer Untersuchung des US-Arbeitsministeriums befassen, die Google vorwirft, Frauen zu diskriminieren.

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