Profil:Inge Paulini

Bundesamt für Strahlenschutz (BfS)
(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Eine Wissenschaftlerin sortiert das Bundesamt für Strahlenschutz neu.

Von Michael Bauchmüller

Am Donnerstag war die Naturfreundin Inge Paulini auf dem Schauinsland bei Freiburg, aber nicht zum Wandern. Im Schneetreiben besuchte sie eine Messstation, der keine Atomkatastrophe entgeht. Über atmosphärische Messungen lässt sich dort etwa feststellen, ob irgendwo auf der Welt ein Atomwaffentest stattgefunden hat. Was innere und äußere Sicherheit angeht, ist das Bundesamt für Strahlenschutz nicht unwichtig, nur wissen das die wenigsten. Es kennt ja auch kaum einer das bundesweite Messnetz, das jeden nuklearen Zwischenfall im Land misst. Falls irgendwo mal Radioaktivität austritt, ohne dass es jemand gleich bemerkt.

Dieses Schattendasein zu beendenist ab sofort Paulinis Job: Seit dieser Woche ist die 56-Jährige Präsidentin des Bundesamtes, und vieles ist wie damals, 2008. Da kam sie frisch aus dem Umweltbundesamt, sie tauschte den geregelten Alltag einer Behörde gegen die großen Themen der Welt. Als Generalsekretärin des "Wissenschaftlichen Beirats für globale Umweltveränderungen" hatte sie es plötzlich mit den Eigenheiten von Forschern zu tun, die das Hier und Jetzt ganz grundsätzlich infrage stellten. "Welt im Wandel" hießen dann die Berichte, "Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation". "Das Wichtigste war damals, diese Arbeit noch sichtbarer zu machen", sagt Paulini heute. Schließlich sollte der Beirat die Politik beraten, etwas ändern. Also holte Paulini, selbst Biologin, ihn aus dem Elfenbeinturm. Sie ging auf Leute zu, knüpfte Kontakte. Mitstreiter kennen sie als eine, die bis in die Nacht arbeitet. Bis an den Rand der Erschöpfung.

Paulinis Aufgabe ist nicht klein bei der Behörde in Salzgitter: Sie steht vor der Neuerfindung des Bundesamtes. Ursprünglich zuständig für alle Fragen rund um Atomtransporte und nukleare Entsorgung, ist das Amt nun zurückgeschnitten auf seine Kernaufgabe: den Strahlenschutz. Die Atommüllfragen hat Paulinis Vorgänger Wolfram König mitgenommen in ein neues Bundesamt, das für "kerntechnische Entsorgungssicherheit". "Für den Strahlenschutz ist das eine riesige Chance", sagt Paulini. "Er steht nicht länger im Schatten der Entsorgungsthemen." Die Auswirkungen von Funkstrahlen, Gefährdungen durch Solarien, Belastungen durch Hochspannungsleitungen - all das soll nun "sichtbarer" werden. So wie einst die Arbeit des wissenschaftlichen Beirats.

Ein Stück weit kehrt Paulini zurück zu ihren Wurzeln. Ursprünglich hatte sie Ernährungswissenschaften studiert, in Bonn und an der US-Uni Pullman. Dann promovierte sie in Biologie und beschäftigte sich unter anderem mit dem Schutz vor giftigen Dämpfen, wie sie am Arbeitsplatz entstehen können. Ehe sie am Umweltbundesamt die Leitung der Grundsatzabteilung übernahm, befasste sie sich mit der Schadstoffbelastung von Innenräumen. Ein heikles Thema: Bis heute fürchten viele Bürger, sie könnten daheim Strahlung ausgesetzt sein. Paulini wird ihre Sorgen verstehen.

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