Profil:Harper Lee

Profil: Harper Lee: ins Rampenlicht zurückgekehrte amerikanische Autorin.

Harper Lee: ins Rampenlicht zurückgekehrte amerikanische Autorin.

(Foto: Mandel Ngan/AFP)

Ins Rampenlicht zurückgekehrte amerikanische Autorin.

Von Jörg Häntzschel

"Alles, was ich will, ist, die Jane Austen des südlichen Alabama zu sein." Für kurze Zeit schenkte Harper Lee ihren Lesern großzügig solche selbstbewusst-selbstironischen Sätze. Das war in den ersten Jahren, nachdem die zuvor völlig unbekannte Autorin 1960 mit "Wer die Nachtigall stört" aus dem Stand einen der wichtigsten und erfolgreichsten amerikanischen Romane des 20. Jahrhunderts veröffentlicht hatte. Das Buch war warmherzig, aber mit den weißen Mythen der Südstaaten ging es erbarmungslos um. So half es, das Fundament zu legen für die Bürgerrechtsbewegung, die sich wenige Jahre später erhob.

Lee war noch begeistert mit am Set, als Gregory Peck ihre Hauptfigur Atticus Finch in der Hollywood-Verfilmung von 1962 spielte. Dann, 1964, gab sie ihr letztes Interview. Ihr kurzer Flirt mit dem Ruhm endete, und viele fürchteten, auch ihre tiefe Liebe zum Schreiben sei zerbrochen. Jahrzehnte vergingen, der Nachfolger zu "To Kill A Mockingbird" (so der Originaltitel) wollte einfach nicht kommen.

Entsprechend groß war die Überraschung, als die mittlerweile 89-jährige Lee im vergangenen Februar völlig unerwartet ein neues Buch ankündigte: "Gehe hin, stelle einen Wächter". Dass es sich dabei um das Manuskript handelte, dessen Erinnerungspassagen sie auf Rat ihres Lektors zu "Mockingbird" ausgearbeitet hatte, machte es nur noch spannender. An diesem Dienstag erscheint der Roman in den USA, am Freitag auf Deutsch.

Harper Lee wurde 1926 in Monroeville im Bundesstaat Alabama geboren. Andere gehen zugrunde in Kleinstädten wie dieser, Lee aber hatte dort die zwei Menschen, die sie für den Beginn ihrer Karriere brauchte. Der eine war ihr Vater, Amasa Coleman Lee, der als Zeitungsverleger, Anwalt und Politiker einer jener smarten Kleinstadt-Macher war, wie man sie aus vielen amerikanischen Filmen kennt. Mit einem großen Unterschied: Jahrzehnte vor der Bürgerrechtsbewegung kämpfte er gegen den in den Südstaaten damals noch ungebrochenen Rassismus. Er lieferte die Vorlage für Lees Helden Atticus Finch.

Der andere war ein Nachbarsjunge namens Truman Streckfus Persons, der später als Truman Capote ebenso berühmt wurde wie sie. Schon als Kinder bildeten beide ein frühreifes literarisches Duo. Kurz bevor ihr eigenes Debüt erschien, assistierte Lee Capote noch bei der Recherche zu dessen Tatsachenroman "Kaltblütig".

Dazwischen lagen Jahre des stillen Ringens mit ihrem Talent und ihrer Unsicherheit. 1949 hatte Lee ihr Studium abgebrochen und war nach New York gezogen. Tagsüber arbeitete sie bei einer Fluggesellschaft, abends schrieb sie. Lee erzählte später, sie habe auf einen "schnellen Gnadentod" für "To Kill A Mockingbird" gehofft, doch der Ruhm sei fast genau so schlimm gewesen. Was sie in den 50 Jahren tat, seit sie aus der Öffentlichkeit trat, darüber weiß man auch jetzt, da zum zweiten Mal eine Art erster Roman vorliegt, noch immer nahezu nichts.

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