Mord an Polizisten wird im Hip-Hop oft und gern beschrieben, gemäß der berühmten Abkürzung ACAB ("All Cops Are Bastards"). Die wird bis heute auf Hauswände in Los Angeles zwischen Inglewood und Compton gesprüht, und da kommt Hip-Hop, wie man ihn kennt, nun einmal her. Insofern wäre der neue Track CopKKKilla von Haftbefehl, bürgerlich Aykut Anhan, deutlich weniger interessant, wenn er nicht eine Antwort auf den Hit der letzten Woche wäre: auf das Video "Pol1z1stens0hn" des ZDF-Comedian Jan Böhmermann.
Böhmermann hatte sich damit ein wenig über die Polizei, ein wenig über den amerikanischen Hip-Hop-Überstar Kanye West amüsiert, vor allem aber eine Parodie auf den deutschen Schlechte-Laune-Rap gedreht. Und für den steht in den letzten Jahren neben dem großen deutschen Künstler Kollegah auch Haftbefehl.
Die Songs von ihm und Böhmermann halten sich dabei einerseits brav an die Regeln des gepflegten, deutschen Hip-Hop-Wettstreits: Du beleidigst mich, ich beleidige dich, aber wir meinen es nicht böse. Außerdem kam Haftbefehls Reaktion so blitzschnell und sauber, wie es nur bei einer abgesprochenen und lange im Voraus geplante Veranstaltung möglich ist. Und genauso gehört es sich ja auch für eine Idee mit ZDF-Beteiligung. Haftbefehls Track samt Video war wohl schon fertig, bevor Böhmermann seinen Song veröffentlichte. So unterschiedlich der blasse wie schmale öffentlich-rechtliche Comedian und der massige wie aggressive Rapper auch wirken, hinter den Kulissen sind die beiden miteinander verbunden. Beide sind zum Beispiel mit dem Hamburger Sänger Olli Schulz befreundet. Für den ZDF-Mann hat sich die Zusammenarbeit gelohnt: Fünf Millionen Mal wurde sein Video in den letzten Tagen angeschaut.
Haftbefehl erreichte innerhalb von 24 Stunden 650 000 Zuschauer auf Youtube. Darunter sind sicher ein paar, die ihn bislang nicht kannten. Das ist kein schlechter Ausgangspunkt, um auf die Schnelle eine Platte rauszubringen oder auf iTunes ein paar Euro zu machen, aber andererseits auch nichts, was einer wie Haftbefehl in Zukunft nicht auch ohne Böhmermanns Förderung schaffen könnte. Songs von ihm wie "Chabos wissen wer der Babo ist" und "Ich rolle mit meim Besten" landeten bereits in den Charts.
Keine Musikrichtung hat heute mehr Hörer als Hip-Hop. Dem 29-jährigen Haftbefehl kommt neben diesem Trend seine Glaubwürdigkeit zugute. Der Offenbacher mit kurdisch-türkischem Migrationshintergrund war zumindest früher so kriminell, wie Jan Böhmermann tatsächlich Polizistensohn ist. Er flüchtete einst vor dem Knast nach Istanbul, zurück in Deutschland betrieb er ein Wettbüro. Schule und eine Ausbildung brach Haftbefehl ab, den Führerschein sparte er sich. Das hinderte ihn nicht daran, sich vom ersten Geld, das sein Label Universal Music überwies, einen Jaguar zu kaufen.