Profil:Gina Haspel

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Neue CIA-Chefin, die 2002 in Thailand Gefangene mittels "Waterboarding" foltern ließ.

Von Hubert Wetzel

Manche Leute in Washington sehen es so: Die Beförderung von Gina Haspel an die Spitze der CIA ist ein Triumph für den Feminismus, ein Sieg der Frauen. Zum ersten Mal wird der mächtige amerikanische Auslandsgeheimdienst nicht mehr von einem Mann geleitet. "Es liegt mir fern, die Tatsache allzu sehr zu betonen, dass ich eine Frau bin", sagte Haspel bei ihrer Anhörung im US-Senat. "Aber ich möchte zumindest darauf hinweisen." Präsident Donald Trump assistierte auf Twitter: "Das ist eine Frau, die, wo immer sie hingegangen ist, eine Anführerin war."

Andere Leute in Washington sehen es anders. "Die Rolle, die Frau Haspel bei der Überwachung von Folter durch Amerikaner gespielt hat, ist beunruhigend", ließ der todkranke Senator John McCain seine Kollegen im Kongress wissen. "Ihre Weigerung, Folter als etwas Unmoralisches anzuerkennen, disqualifiziert sie." Am Ende aber verhallte McCains Mahnung. Mit 54 zu 45 Stimmen bestätigte der Senat am Donnerstag Gina Haspel als neue Direktorin der Central Intelligence Agency.

Über das Leben von Gina Haspel ist vergleichsweise wenig bekannt. Das liegt vor allem daran, dass die 61-Jährige seit mehr als drei Jahrzehnten der CIA angehört. Was sie in dieser Zeit gemacht hat, dazu sagt der Geheimdienst kaum etwas. Es gibt eine offizielle Liste der Posten im In- und Ausland, die sie innehatte. Aber selbst da muss man vorsichtig sein - niemand kann garantieren, dass diese Liste vollständig ist oder nicht absichtlich vage formuliert wurde, um den einen oder anderen düsteren Einsatz zu verschleiern.

Zum Beispiel im Jahr 2002. Laut CIA-Lebenslauf war Haspel damals als Deputy Group Chief im Counterterrorism Center tätig. Das klingt harmlos. Tatsächlich aber leitete Haspel im Herbst jenes Jahres ein geheimes CIA-Gefängnis in Thailand, in dem Terrorverdächtige gefoltert wurden. Der Codename der Einrichtung: "Cat's Eye", Katzenauge, schließlich befand man sich in Südostasien. Unter anderem wurde dort damals der mutmaßliche Al-Qaida-Terrorist Abu Subaida verhört und mit "Waterboarding" gequält, einer Folter, bei der Ertrinken simuliert wird. Die Videoaufnahmen der Foltersitzungen vernichtete Haspel später.

Nach Meinung des damaligen US-Präsidenten George W. Bush waren diese "verschärften Verhöre" nicht nur notwendig, um weitere Terroranschläge wie den am 11. September 2001 zu verhindern. Regierungsanwälte hatten außerdem in diversen Memos behauptet, dass diese gewaltsame Informationsbeschaffung legal war. Und schließlich stand Haspel in der CIA-Hierarchie damals nicht hoch genug, um das Foltern zu verhindern. Allerdings ist auch nicht bekannt, dass sie die Legalität und Legitimität dieser Methoden oder deren Nutzen jemals angezweifelt hätte. Ihre Vorgesetzten erteilten Befehle, sie führte diese Befehle aus.

Erst jetzt, unter dem Druck, dass ihre Bestätigung durch den Senat wegen ihrer Foltervergangenheit scheitern könnte, hat sich Haspel vorsichtig distanziert. "Im Rückblick", so schrieb sie in einem Brief an einen demokratischen Senator, seien die damaligen Verhöre falsch gewesen. Als CIA-Direktorin werde sie keiner Handlung zustimmen, die "meinen moralischen und ethischen Werten widerspricht". Allerdings wiederholte Haspel in dem Brief auch die längst widerlegte Mär, dass in den CIA-Gefängnissen durch Folter wertvolle Erkenntnisse gewonnen worden seien. Und was heißt schon "meine moralischen und ethischen Werte"? Dass die Moral ins Rutschen gerät, wenn die falschen Leute im Namen der nationalen Sicherheit Entscheidungen treffen, ist ja gerade die Lehre aus der Bush-Zeit. Haspel war damals ein Rädchen im Getriebe.

Und noch etwas sollte zu denken geben: Ihr jetziger Präsident ist ein Mann, der das Foltern von Terrorverdächtigen ausdrücklich gelobt hat. Waterboarding? Zu harmlos, hat Donald Trump geprahlt. Er könne sich auch ein paar härtere Sachen vorstellen.

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