Neuer Zwangsverwalter:Ein Asket soll Rom retten

Francesco Paolo Tronca

Francesco Paolo Tronca, asketischer Sizilianer und neuer Zwangsverwalter Roms.

(Foto: dpa)

Er gilt als eisern in der Amtsführung: Der Sizilianer Tronca ist neuer staatlicher Zwangsverwalter Roms. Sein Auftrag: Die Ewige Stadt vor dem Zerfall bewahren.

Von Oliver Meiler, Rom

Wenn gar nichts mehr geht, kommt in Italien der "Commissario", der Zwangsverwalter, entsandt vom Staat. Herrschaften wie Francesco Paolo Tronca, geboren in Palermo, eine Vita als hoher Beamter und Krisenmanager, einst Chef der nationalen Feuerwehr, groß gewachsen, asketisch, 63 Jahre alt.

Tronca ist ein unverblümter Mann - "senza fronzoli", wie die Italiener sagen, wenn sie nüchtern und effizient meinen -, ohne jeden Hang zum Mondänen. Wenn er mal genötigt wird, an einem Empfang mit Buffet teilzunehmen, erzählt der Corriere della Sera, greift er sich eine Olive, höchstens. Von Tronca heißt es auch, er lebe erst richtig auf, wenn rund herum alles auseinanderfalle, wenn niemand mehr an ein Gelingen glaube. In Notfällen, nach Katastrophen, bei Großereignissen.

Schwierige Aufgabe für den neuen Zwangsverwalter

Nun, kurz vor der Pensionierung, hat die italienische Regierung diesem altgedienten Funktionär die wohl schwierigste Aufgabe anvertraut, die sie gerade zu vergeben hat: Tronca soll Rom retten; vor sich selbst, vor seinen maroden und korrupten Stadtbetrieben, dem chronischen Transport- und Abfallchaos, dem Zerfall. Er soll das möglichst schnell und nachhaltig tun. Im Dezember beginnt das päpstliche Jubiläumsjahr der Barmherzigkeit. Rom erwartet Millionen Pilger. Es wäre ein Jammer, wenn die Stadt diese Chance auf etwas wirtschaftlichen Aufschwung vergäbe.

Nötig wurde Troncas Entsendung, weil Roms unglückseliger Bürgermeister Ignazio Marino sein Amt vorzeitig aufgeben musste. Marino war zwar nicht in den Fall "Mafia Capitale" verwickelt, diesen Großskandal um ein Kartell aus römischen Unternehmern und Stadtpolitikern, die sich an öffentlichen Aufträgen mästeten und dafür von dieser Woche an vor Gericht stehen. Zum Verhängnis wurden ihm aber einige schlecht belegte Restaurantquittungen und seine Ohnmacht, die Probleme der Stadt in den Griff zu bekommen.

Rom, die Ewige, soll mailändischer werden

Dass nun ausgerechnet Tronca übernimmt, trifft das stolze Selbstverständnis Roms besonders: Er war zuletzt Präfekt von Mailand gewesen, Statthalter des Staates also in der dynamischeren und rivalisierenden Metropole im Norden, die sich selbst als moralische, als heimliche Hauptstadt versteht. Die italienische Regierung trug ihm ausdrücklich auf, das "Modell Mailand", wie man es unlängst auch rund um die Austragung der Expo beobachten konnte, auf Rom zu übertragen. Rom, die Ewige, soll also mailändischer werden. Für manche Römer mutet der Auftrag wie eine Schmach an, gar wie ein Frevel.

Als man Tronca fragte, ob er besorgt sei angesichts der Herausforderung, sagte er: "Nein, ich bin stolz." Er neigt nicht zur Selbstunterschätzung. Tronca gilt als eisern in der Amtsführung. Bremsern weist er die Tür. Er hat es eilig: Kommissare bleiben nur kurze Zeit, bis zu Neuwahlen. Die Römer sollen in acht Monaten einen neuen Bürgermeister wählen. Dazwischen aber ist viel möglich, ein Rettungsmanöver, eine Feuerwehrübung ohne politisches Theater. Hoffentlich.

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