Profil:Emma González

Emma Gonzales
(Foto: John Mccall/dpa)

Nach dem Massaker an ihrer Schule wehrt sich die 18-Jährige gegen die US-Waffenlobby.

Von Hubert Wetzel

Emma González ist 18 Jahre alt, sie geht in die zwölfte Klasse der Marjory Stoneman Douglas High School in Parkland in Florida, einer kleinen, wohlhabenden Stadt im Großraum Miami. Ihre Lieblingsfächer sind Geschichte und Naturwissenschaften. Sie ist Mitglied im Astronomie-Klub und in einer Gruppe, die sich für die Rechte von Homosexuellen einsetzt. González ist ein normaler amerikanischer Teenager, ein bisschen links vielleicht, ein bisschen rebellisch. Vor ein paar Wochen hat sie sich alle Haare abgeschnitten, ihr Kopf ist jetzt fast kahl. "Je mehr meine Eltern dagegen waren, desto mehr wollte ich es tun", schrieb sie auf Instagram.

Am 14. Februar zerbrach die Welt von Emma González. Ein ehemaliger Schüler, der neunzehnjährige Nikolas Cruz, kam an jenem Tag in die Schule. Er hatte ein Sturmgewehr dabei und Munition, und er ging durch die Gänge und schoss. Am Ende waren 14 Kinder und drei Erwachsene tot, Dutzende waren verwundet. Emma González überlebte den Tag, doch einer der Getöteten war ein Bekannter von ihr, und einer ihrer Freunde liegt noch verletzt im Krankenhaus.

Amerika hat sich an solche Massaker gewöhnt. Politiker und Prominente teilen dann stets gerührt mit, dass sie an die Toten und Verwundeten denken und für sie beten. "Thoughts and Prayers", lautet die Formel, die inzwischen so abgenutzt ist, dass sie eher sarkastisch als tröstend wirkt. Die Demokraten fordern schärfere Waffengesetze, die Republikaner lehnen das ab. Einige Tage lang regen sich alle auf, dann deckt das Vergessen alles zu.

Dieses Mal aber, so haben es sich Emma González und einige ihrer Schulfreunde vorgenommen, soll es anders sein. Keine hohlen Phrasen mehr, kein ritualisierter Streit darüber, wer welche Schusswaffe besitzen darf, oder ob man nun nicht besser alle Lehrer bewaffnen sollte, damit sie Amokläufer niederstrecken können. Vor allem aber kein Vergessen.

Viele Schüler der Marjory Stoneman Douglas High School haben sich in den vergangenen Tagen im Internet zu Wort gemeldet, die Heuchelei der Politiker angeprangert und endlich wirkungsvolle Waffengesetze gefordert. Einige der Jugendlichen legten sich auf Twitter mit Trump an, der noch kein Wort des Bedauerns für die Opfer geäußert hat; andere saßen gefasst und eloquent in Fernsehshows - lauter höfliche, gebildete, weiße Mittelschichtskinder, denen niemand im Ernst Radikalismus oder eine parteipolitische Agenda unterstellen kann.

Auch Emma González ist bei diesen Protesten dabei. Am Wochenende trat sie bei einer Demonstration in Parkland auf, und die Rede, die sie dort hielt, wurde im Internet binnen weniger Stunden mehr als einhunderttausend Mal angesehen. All die jahrelangen Ausreden der Politik, dass man gegen solche Massaker nichts tun könne, seien "Bullshit", sagte González. Natürlich könne man das verhindern, und wenn die Erwachsenen in Washington solche Angst vor der Waffenlobby NRA hätten, dann würden sich eben die Kinder der Sache annehmen. "Keine Waffen mehr", riefen die Schüler bei der Demo. Mit einem Schlag wurde Emma González so etwas wie das Gesicht des Widerstands gegen Amerikas Waffenwahn.

Was González und ihre Mitstreiter erreichen können, ist noch nicht abzusehen. Die wütenden, traurigen Schüler aus Florida haben mächtige Gegner - die Waffenlobby und das Netzwerk aus Politikern und beinharten Aktivisten, das daran hängt, kennen kaum Skrupel. Und bisher ist der Protest der Jugendlichen vor allem ein Internet-Phänomen. Es gibt eine Facebook-Seite und ein Twitter-Schlagwort: #NeverAgain. Vielleicht weiß man am 24. März mehr, dann soll es in Washington eine große Schülerdemonstration geben, den "Marsch für unser Leben".

Emma González wird diesen Protesttag mitorganisieren. "Das ist jetzt meine ganze Welt", sagte sie der New York Times. "Ich kann mir nicht erlauben, nicht darüber zu sprechen."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: