Profil:Dunja Hayali

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(Foto: Jörg Carstensen/dpa)

Neue Moderatorin des ZDF-Sportstudios mit Expertise für Sport und Hate Speech.

Von David Denk

Es gibt zwei große Leidenschaften im journalistischen Leben der Dunja Hayali: eine, die sie sich ausgesucht hat, und eine, von der sie heimgesucht wurde. Um mit der zweiten, der unausweichlichen, zu beginnen: Hate Speech. Hayali hätte gut darauf verzichten können, zur Expertin für Hasskommentare in sozialen Netzwerken zu werden. Aber als der Ton unverfrorener und sie als ZDF-Moderatorin vermehrt Ziel solcher Attacken wurde, beschloss sie, in die Offensive zu gehen, den Dialog auch mit denjenigen zu suchen, die sie als Tochter irakischer Christen aus Datteln im Ruhrgebiet, als Vertreterin der "Lügenpresse" und als offen lesbische Frau gleichermaßen verachten.

2015 war das, 2016 wurde Hayali mangels einer Kategorie "Beste Zivilcourage" für "Beste Information" mit der Goldenen Kamera ausgezeichnet und bedankte sich mit einer kraftvollen, wehrhaften, emotionalen, besonnenen, kurz: aufsehenerregenden Rede. Der Hass wurde dadurch nicht weniger, eher im Gegenteil, aber das Thema geriet ins öffentliche Bewusstsein und ist seither mit ihrer Person verknüpft. Es gab kein Zurück mehr. "Gerade ist nicht die richtige Zeit, um sich als Journalist in seine Komfortzone zurückzuziehen", sagte sie einmal. Dunja Hayali nahm die Aufgabe an, um die sie nie gebeten hatte. "Gerade Haltung zu bewahren, je haltloser die Anwürfe sind, macht sie uns zum Vorbild", sagte der frühere Spiegel-Chefredakteur Georg Mascolo im selben Jahr bei der Verleihung eines anderen Preises - nun schon ausdrücklich für Hayalis "Haltung und Beharrlichkeit".

Mit der Moderation des "Aktuellen Sportstudios" im ZDF - und damit wären wir bei ihrer zweiten Leidenschaft - kehrt die 43-Jährige Ende August zu ihren journalistischen Anfängen zurück. Bevor sie ins politische Fach wechselte, studierte Hayali an der Deutschen Sporthochschule in Köln mit dem Schwerpunkt Medien- und Kommunikationswissenschaften. Ihre ersten Jobs als Moderatorin beim Radio und im Regionalfernsehen machte sie ebenfalls im Sport. Dass eine Sportjournalistin dieses Ressort verlässt, ist nicht ungewöhnlich, das haben auch schon Carmen Thomas und Anne Will gemacht; die partielle Rückkehr hingegen schon. Hayali ist Fan des Bundesligisten Borussia Mönchengladbach, Sport ist für sie mehr als ein Job. Sonst eher kitschbefreit, kommentierte Hayali ihre neue Aufgabe mit dem Satz "Da wird ein Traum wahr".

Für das "Aktuelle Sportstudio" ist die prominente Personalie ein kleiner Scoop, bei ihren Moderatorenkollegen Katrin Müller-Hohenstein, Jochen Breyer und Sven Voss dürfte sich die Freude in Grenzen halten; eine zusätzliche Moderatorin bedeutet für sie weniger Einsätze. Einen "neuen, frischen Blick auf das sportliche Geschehen in der Bundesliga" verspricht sich ZDF-Sportchef Thomas Fuhrmann, mit dem Hayali schon in seiner vorherigen Funktion als Redaktionsleiter des "ZDF-Morgenmagazins" gut und eng zusammengearbeitet hat. Das Frühaufstehen bleibt ihr erhalten, genau wie sie dem Talkmagazin "Dunja Hayali", das von Juli an einen eigenen monatlichen Sendeplatz am Mittwochabend bekommt.

Seit Hayali 2007 zum ersten Mal die "Heute"-Sendung und bald auch vertretungsweise die Nachrichtenblöcke im "Heute-Journal" moderierte, hat sie sich mit Charme und Ehrgeiz im ZDF-Programm etabliert. Sie sei "gleichzeitig cool und anteilnehmend, professionell und spontan, nachdenklich und instinktsicher", sagt Claus Kleber. Wenn auch die Zuschauer so konsequent auf ihr Talent achten würden und nicht auf ihre dunklen Augen und die Kurzhaarfrisur, müsste sie nicht mehr von ihrem "Migrationsvordergrund" sprechen. Es kostet reichlich Kraft, Dunja Hayali zu sein. "Vielleicht kommt irgendwann der Tag, an dem ich die Tür zumachen muss, weil das alles zu viel wird", sagte sie einmal. Mit dem "Sportstudio" wird es nun aber erst einmal mehr: "Einfach so lässt sich diese Tür nicht mehr schließen."

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