Dissidenten in Kuba:Ins Gefängnis für fünf Buchstaben

Cuban street artist and dissident released from prison after 10 m

"Se fue" schrieb Danilo Maldonado zum Tod Fidel Castros an die Fassade eines Hotels. Den Behörden war das zu viel.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der kubanische Künstler Danilo Maldonado nutzte Fidel Castros Tod Ende 2016 für einen politischen Protest - und wurde weggesperrt.

Von Boris Herrmann

In den Tagen nach dem Tod Fidel Castros sah es in Havanna aus, als sei ganz Kuba gestorben. Es gab weder Musik noch Alkohol oder Baseball, dafür leere Straßen. Sogar die Damen in Weiß, die berühmteste Dissidenten-Gruppe des Landes, verzichtete auf ihren Sonntagsmarsch, erstmals in 13 Jahren. Die meisten Kubaner, auch viele Castro-Gegner, hielten sich an das Trauerprotokoll. Aber eben nicht alle.

Danilo Maldonado Machado ging in jener Novembernacht, als die Todesnachricht die Runde machte, zum Hotel Habana Libre, wo Castro einst sein erstes Büro als Revolutionsführer bezogen hatte. Mit einer Sprühdose schrieb er an eine Außenwand des Hotels jene fünf Buchstaben, die ihn fast zwei Monate lang ins Gefängnis brachten: "Se fue", er ist gegangen.

Maldonado, 33, ist ein international bekannter Aktionskünstler, der sich auch "El Sexto" nennt. Am Ende seiner Performance am Habana Libre blickte er lächelnd in seine Handykamera und sagte: "Ich sehe Panik in euren Gesichtern." Noch in derselben Nacht wurde er in seiner Wohnung verhaftet und in ein Hochsicherheitsgefängnis bei Havanna gebracht. Ohne Prozess. Erst am Wochenende kam er wieder frei, offenbar auf wachsenden Druck von Organisationen wie Human Rights Watch oder Amnesty International.

Zwei Ferkel namens Fidel und Raúl

Fidel Castros Bruder und Nachfolger Raúl hatte im vergangenen Jahr in Anwesenheit von Barack Obama behauptet, es gebe keine politischen Gefangenen auf Kuba. Nach seiner Logik gehörte auch El Sexto nie dazu. Dessen Mutter sagte, man habe ihren Sohn wegen "Beschädigung von Staatseigentum" inhaftiert. Sein Kunstwerk an der Hotelmauer wurde für ein paar Pesos wieder übermalt, aber aus Sicht des kubanischen Überwachungsstaates gilt er als Wiederholungstäter.

Ende 2014 war er von Polizisten bei einer Taxifahrt gestoppt worden. Er hatte zwei Ferkel dabei, die er mit den Namen Fidel und Raúl besprüht hatte. Damals wurde er wegen "Missachtung der Autoritäten" zehn Monate lang eingesperrt und erst nach einem Hungerstreik wieder freigelassen. Für diese Aktion erhielt er 2015 den "Vaclav Havel Prize for Creative Dissent". Die Bundestagsvizepräsidentin Ulla Schmidt (SPD) erklärte ihn zu ihrem "politischen Patenkind".

Maldonado hat die Statur eines Basketballers und ist tätowiert wie ein Metal-Schlagzeuger. Ein Rebell aus dem Bilderbuch. Er studierte unter anderem in Miami und pflegt enge Verbindungen zur kubanischen Exilgemeinde in Florida. Auch deshalb ist er unter seinen Landsleuten umstritten. Viele kritisieren, es gehe ihm weniger um Kunst als um gezielte Provokationen zur Selbstvermarktung. Er selbst bestreitet das gar nicht. Das um ein weltoffeneres Image bemühte Castro-Regime tut ihm möglicherweise sogar einen Gefallen, wenn es auf fünf Buchstaben, die nicht einmal gelogen sind, mit den alten diktatorischen Methoden reagiert. Aus Sicht von Maldonado ist das der eigentliche Teil seiner Performance.

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