Profil:Cornelius Obonya

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Cornelius Obonya: Salzburger "Jedermann" aus Österreichs berühmtester Theaterdynastie.

Salzburger "Jedermann" aus Österreichs berühmtester Theaterdynastie.

Von Christine Dössel

"Jeeedermaann!" - wenn an diesem Sonntag vor dem Salzburger Dom der grausige Ruf des Todes durch den Abendhimmel gellt, dann ist es wieder so weit: Hugo von Hofmannsthals "Spiel vom Sterben des reichen Mannes" eröffnet die Festspielzeit. Herrn Jedermann, dem reichen Prasser, hat das letzte Stündlein geschlagen, und er wird, wie jedes Jahr, alles daransetzen, bei Gevatter Tod noch eine Gnadenfrist herauszuschlagen. Im Schnelldurchgang erkennt der Liederjan, was für ein schlechter Mensch er war, dass man sich auf Freunde nicht verlassen und Geld nicht mitnehmen kann. Am Ende bekennt er sich reuig zum Christentum und steigt als selig Bekehrter ins Grab. Seit 95 Jahren ist das so, alle Sommer wieder.

Seit Max Reinhardt 1920 den "Jedermann" erstmals als Freilichttheater vor dem Dom aufführte, gehört das Mysterienspiel zu Salzburg dazu wie Mozartkugeln und Nockerln. Der "Jedermann" ist das Highlight und die Melkkuh der Salzburger Festspiele, ein Kult. Nur große, allseits beliebte Mimen dürfen ihn spielen - meistens sind es Heimspiele von Österreichern -, und haben sie ihn gespielt, werden sie selber zur Festspiellegende: Klaus Maria Brandauer, Helmuth Lohner, Gert Voss, Peter Simonischek.

Seit 2013 heißt der Jedermann Cornelius Obonya. Wenn man von jemandem behaupten kann, die Schauspielerei wurde ihm in die Wiege gelegt, dann sicherlich von ihm. Der gebürtige Wiener, Jahrgang 1969, ist der Sohn von Elisabeth Orth und damit ein Spross des Hörbiger-Clans, der wohl berühmtesten Theaterdynastie Österreichs. Seine Großeltern sind die legendären Burgschauspieler Attila Hörbiger und Paula Wessely. Sein Vater Hanns Obonya war ebenfalls Burgschauspieler, er verlor ihn mit neun Jahren. In Salzburg führt Cornelius Obonya eine Familientradition fort. Großvater Attila gab den Jedermann von 1935 bis 1937 und dann noch mal von 1947 bis 1951. Tante Christiane Hörbiger war die Buhlschaft, Großmutter Paula Wessely spielte den Glauben und Mutter Elisabeth Orth die Guten Werke.

Schon mit 17 Jahren ging Obonya ans Max-Reinhardt-Seminar, um Schauspiel zu studieren, verließ es aber nach einem Jahr sehr unzufrieden wieder, um bei dem Kabarettisten Gerhard Bronner in die Lehre zu gehen. Ihm, sagt der angenehm volksnahe Obonya, habe er viel zu verdanken, ebenso wie der pfiffigen Emmy Werner, die ihn 1989 ans Volkstheater Wien engagierte - und natürlich Andrea Breth, der großen Schauspielregisseurin und Lebensfreundin seiner Mutter. Mit ihr ging er 1992 an die Berliner Schaubühne, als sie dort die Direktion übernahm. Natürlich blieb auch das Burgtheater nicht aus, Hauptarbeitsplatz des Hörbiger-Clans. Obonya trat dort anfangs nur in Breth-Inszenierungen auf, wo er kleine, feine Rollen hatte wie den Domingo in Schillers "Don Carlos" oder den Hauslehrer Trofimow in Tschechows "Kirschgarten". Nichts Großes, keine Knaller. Schauspielerisch ist Obonya ein Spätzünder. Er fühlte sich lange unterfordert. Die Mutter hatte ihm schon früh prophezeit: "Bei dir wird's erst ab 40 so richtig losgehen." In diesem Alter würden Optik, Erfahrung, Talent und Könnerschaft besser zueinanderfinden. Sie sollte recht behalten. Erst mit der Hauptrolle in dem Musical "The Producers" 2008 im Wiener Ronacher kam für Obonya in Österreich der Durchbruch. Einen Riesenerfolg feierte er dann 2010/11 mit seinem Solo "Cordoba - Das Rückspiel" am Wiener Rabenhof Theater. Darin spielte er 26 Rollen, wechselte Stimme, Dialekte, Tonlagen und glänzte als furioser Unterhaltungskünstler. Cornelius Obonya ist ein kompakter, geerdeter, patenter Schauspieler mit interessant zerknautschtem Gesicht. Ein Handwerker. Kein Charismatiker. Mehr der Normalo von nebenan. Das prägt auch seinen Jedermann, den er reichlich unspektakulär als Kapitalisten mit Hang zur Weinerlichkeit gibt. Brillant ist etwas anderes. Aber als Durchschnittstyp ist er kongenial.

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